Full text: Archiv für öffentliches Recht.Dreizehnter Band. (13)

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verbindlich.“ Was könnte dieser Bestimmung für ein Sinn inne 
wohnen, wenn die Arbeitsordnung mit jedem einzelnen Arbeiter 
vereinbart werden müsste? Dass sie dann verbindlich wäre, ver- 
stünde sich ja von selbst! Dass dieser Bestimmung aber sehr wohl 
eine Bedeutung inne wohnt, ist noch weiter unten darzuthun. 
Eben diese Erwägungen würden schon dazu führen, auch eine 
ähnliche Auffassung zu widerlegen, nach der die Arbeitsordnung 
nur dann verbindlich ist, wenn sie bei der Annahme des Arbeiters 
durch ausdrücklichen Hinweis auf sie zum Gegenstand des Ar- 
beitsvertrages gemacht ist. Auf diese Ansicht muss indessen bei 
der ausführlichen Begründung, die sie in einem Urtheil gefunden, 
näher eingegangen werden. Die Begründung zum Regierungsent- 
wurf — heisst es dort — die im Reichstag keinen Widerspruch 
erfahren hat und daher zur Auslegung herangezogen werden 
müsse, spräche überall davon, dass sich der Arbeiter den vom 
Arbeitgeber in der Arbeitsordnung angebotenen Bedingungen 
unterwerfen müsse; davon könne aber nicht die Rede sein, 
wenn der Arbeiter gar nicht wisse, dass eine Arbeitsordnung be- 
steht. Des Weiteren wird auf den durch $ 105 der Gewerbeord- 
nung aufgestellten Grundsatz hingewiesen, wonach die Festsetzung 
der Verhältnisse zwischen Arbeitgeber und Arbeiter Gegenstand 
freier Uebereinkunft sei; die Verpflichtung auf Bedingungen, von 
denen der Arbeiter nicht einmal wisse, dass sie vorhanden seien, 
würde eine Ausnahme von jenem Grundsatz sein, der unzwei- 
deutig zum Ausdruck hätte gebracht werden müssen. Hierbei ist 
zunächst übersehen, dass für den Grundsatz des $ 105 ausdrück- 
lich durch die Worte: „vorbehaltlich der durch Reichsgesetze be- 
gründeten Beschränkungen“ Ausnahmen jeder Art vorgesehen 
sind. Dass derartige Beschränkungen immer noch ausdrücklich 
als Ausnahmen von dem allgemeinen Grundsatz des $ 105 be- 
zeichnet werden müssten, kann hiernach offenbar nicht verlangt 
werden. Andernfalls wären zahlreiche Bestimmungen des 808. 
Arbeiterschutzgesetzes unverbindlich, da sie die grundsätzlich an-
	        
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