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tung des Arbeitsverhältnisses lediglich die Verbindlichkeit der
Arbeitsordnung bestreiten. Höchstens könnte je nach den ver-
schiedenen landesrechtlichen Bestimmungen über den Irrthum in
Frage kommen, ob sich der Arbeiter etwa darauf berufen kann,
dass er den Betrieb für einen solchen gehalten, für den der Er-
lass einer Arbeitsordnung nicht nothwendig ist. Daraus würde
sich aber nur ein Rücktritt vom Vertrage überhaupt, nicht aber
lediglich die Unverbindlichkeit der Arbeitsordnung ergeben. Die
Frage aber, ob ein Vertrag überhaupt zu Stande gekommen ist,
gehört ausschliesslich dem Privatrecht an und ist hier nicht zu
erörtern.
Nach alle dem wäre als Ergebniss der bisherigen Erörte-
rungen festzustellen, dass die Verbindlichkeit der Arbeitsordnung
für jeden Arbeiter gegeben ist, sobald er in den fraglichen Be-
trieb eintritt. Auch damit ist indessen das Ende der Zweifel
noch nicht erreicht, weil schliesslich noch darüber gestritten wird,
ob es genügt, dass die Arbeitsordnung überhaupt einmal ausge-
hängt ist, oder ob es erforderlich ist, dass der Aushang dauernd
in lesbarem Zustande erhalten wird. Zur Begründung der ersten
und zugleich zur Widarlegung der zweiten Ansicht ist geltend
gemacht worden: „Es würde, — als Folge der zweiten Ansicht
— wenn die „Lesbarkeit des Aushangs“ oder der „Aushang“
selber wegfiele, das Erforderniss eines gültigen Aushangs beseitigt,
mag man nun annehmen, dass nunmehr der „Erlass“ mit rück-
wirkender Kraft unwirksam wird, oder dass nur für die Folge
kein „Erlass“ mehr vorliegt. Dieses Ergebniss würde dem Ar-
beitgeber einen bequemen Weg weisen, sich einer lästigen Arbeits-
ordnung zu entledigen; er entfernt den Aushang, macht ihn un-
leserlich, dann wäre die unter den Kautelen der 88 1344-f er-
lassene Arbeitsordnung bedeutungslos. Dieses Ergebniss wider-
spräche zweifellos der Absicht des Gesetzgebers und der Vor-
schrift im $ 134° Abs. 3, wonach zu Aenderungen einer einmal
„erlassenen“ Arbeitsordnung dieselben Formalitäten erforderlich