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bar. Trotzdem würde man vielleicht zweifeln können, ob sie für
die Auslegung des Gesetzes zu verwerthen ist. Denn die heutige
Gesetzessprache ist meist nicht so scharf, dass derartigen gram-
matischen Feinheiten immer ausschlaggebende Bedeutung beige-
legt werden müsste. Dieser Zweifel muss aber vor dem Um-
stande weichen, dass auch sonst der Begriff „Erlass“ lediglich
als eine bestimmte, einmalige Handlung, das „Aushängen“ näm-
lich, behandelt wird. Es folgt das daraus, dass mehrfach (88 134°
Abs. 4 und 134° Abs. 1) Fristen von dem „Erlass“ ab gerechnet
werden, was natürlich nicht angängig wäre, wenn „Erlass“ einen
dauernden Zustand erforderte. Dazu kommt, dass diese Auf-
fassung in ihren Folgerungen die geringsten Schwierigkeiten
bietet. Man kann z. B. nicht dagegen einwenden, dass jeder
Anhalt dafür fehle, wie lange denn der einmalige Ausgang dauern
müsse. Allerdings ist eine ausdrückliche Vorschrift darüber nicht
gegeben. Indessen wird man ohne Zwang dahin kommen können,
eine nach Lage der jeweiligen thatsächlichen Verhältnisse ange-
messene Frist für ausreichend zu erklären. Denn die Stelle
des Aushangs soll den betheiligten Arbeitern überhaupt zugäng-
lich sein, also nicht nur örtlich, sondern auch zeitlich. Es würde
daher eine Beschränkung des Aushangs auf eine Zeit, in der die
Arbeiter nicht anwesend sind, einen giltigen Erlass nicht ergeben.
Auch die Erwägung kann man nicht entgegen halten, dass doch
auch die später eintretenden Arbeiter wenigstens die Möglichkeit
haben müssten, sich über den Inhalt der Arbeitsordnung zu un-
terrichten. Das ist richtig, soweit damit die Befriedigung eines
praktischen Bedürfnisses angestrebt wird, und desshalb wird eben
durch Strafen auch die Erhaltung des Aushangs und die Be-
händigung der Arbeitsordnung erzwungen. Für die Rechtsfrage
ist es aber unerheblich. Denn wollte man die Erhaltung des
Aushangs aus jenen praktischen Erwägungen für erheblich er-
klären, so müsste man nothwendig weiter folgern: so lange nicht
auch der einzelne Arbeiter wenigstens die Möglichkeit gehabt,