Full text: Archiv für öffentliches Recht.Dreizehnter Band. (13)

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— „eine Vermutung streitet weder für die beschränkte noch für 
die umfassendere Bedeutung“. Unser „keineswegs quellenmässiger“ 
Satz enthält daher nur „halbe Wahrheit“. Ich glaube aber, dass 
dieser Widerspruch des verehrten Forschers doch wohl nur auf einer 
nicht ganz zutreffenden Auffassung des Sinnes beruht, den wenig- 
stens die massgebendsten ihrer Vertreter unserer Regel von jeher 
beigelegt haben, wie er denn auch TmızAuT’s Verteidigung derselben 
ausdrücklich gutheisst und lobt. Hätte man den Satz von der 
lex posterior generalis als unumstössliches, keine Ausnahmen zu- 
lassendes Axiom gefasst, dann wäre REGELSBERGER’s Polemik 
ohne weiteres durchschlagend. Man vergleiche damit nun aber, 
was beispielsweise WINDSCHEID über ihn sagt (a. a. O.): Die 
Interpretationsfrage, ob der neue Rechtssatz auch die Aus- 
nahmen von der alten Regel habe beseitigen wollen, ist im 
Zweifel zu verneinen. „Anders aber, wenn etwa das neue 
(Gesetz ausdrücklich erklärt hätte, dass es in allen Fällen gelten 
wolle, oder wenn es die Ausnahmen, die es zulassen will, auf- 
gezählt hätte, oder wenn sich aus anderen Umständen nachweisen 
liesse, dass der Gesetzgeber seine neue Regel als absolute habe 
betrachtet wissen wollen“ (No. 4). Und ähnlich drücken sich, so- 
weit ich sehe, fast alle anderen Vertreter unseres Satzes aus, die 
ihn überhaupt einer näheren Erörterung unterziehen. Sie meinen 
mit ihm also nur, dass die Aenderung der alten lex generalis 
nicht als solche die lex specialis berühren, nicht aber, dass 
nicht aus besonderen dabei mitspielenden Gesichtspunkten eine 
solche Einwirkung begründet sein könne. 
Insoweit aber scheint mir unser Satz in der That keine halbe, 
sondern durchaus ganze Wahrheit zu enthalten. Denn das ist 
und bleibt zutreffend: wenn der neue Gesetzgeber die alte Regel 
fortan missbilligt und ihr entgegentritt, so ist er im Zweifel 
durch nichts veranlasst, auch die bereits zu ihr anerkannten 
Gegensätze zu missbilligen; „ein Feind des A. ist im Zweifel kein 
Feind von A.’s Gegnern“.
	        
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