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Uebereinstimmung mit seiner erwähnten prinzipiellen Anschauung über das
Verhältnis von Wissenschaft und Praxis prüfen und feststellen müssen. —
Im übrigen wird man es Arupt danken müssen, dass er sich nicht zu sehr
von Lehrmeinungen hat beeinflussen lassen; seine bestimmten, klaren Dar-
legungen über das Bundespräsidium, das Verordnungsrecht des Bundesrates,
das Reichskriegswesen — ARNDT behauptet, die staatsrechtliche Einheit des
deutschen Heeres —, über Reichsfinanzen dürfen wohl, auch wenn man des
Verfassers Ansichten nicht überall teilt, als Muster für Kommentierung im
Rahmen einer Handausgabe bezeichnet werden. — Das Buch enthält ausser
den einschlägigen Vorträgen von 1870 auch eine kurze Erläuterung zum
Staatsangehörigkeitsgesetze. —
Die Zornsche Ausgabe der Reichsverfassung stellt sich im wesentlichen
als ein kurzer Auszug aus dem Zornschen Lehrbuche des Deutschen Staats-
rechtes dar, dessen Hauptlehren hier ohne weitere Begründung und unter
kurzem Hinweise auf die einschlägige Literatur — wobei z.B. die Arbeiten
von SEYDEL niemals erwähnt sind — wiedergegeben werden. Wir sind in
wichtigen Fragen anderer Meinung als Zorn; indessen bieten die hier er-
wähnten kurzen Anmerkungen, für sich allein genommen, keinen Anlass zur
wissenschaftlichen Auseinandersetzung, da ja die Entwicklung der einzelnen
Sätze in der Hauptsache nicht in der vorliegenden kommentierten Textaus-
gabe, sondern in dem erwähnten Lehrbuche von Zorn erfolgt ist. ZORNs
kleine Ausgabe eignet sich dagegen sowohl durch die knappe Zusammen-
fassung des ganzen Verfassungsrechtes und durch die verlässliche Angabe
des fast unübersehbaren Materials der gesamten Reichsgesetzgebung bei den
einschlägigen Artikeln der Reichsverfassung, als auch infolge der guten Aus-
stattung und Handlichkeit vorzugsweise für die Zwecke eines ernsten wissen-
schaftlichen Studiums des deutschen Reichsrechts.
Augsburg. Grassmann.
v. Massow, C., Reform oder Revolution. Berlin, Otto Liebmann, 1894.
IX, 29318. M. 4—
Vorliegendes Buch rührt von einem höheren preussischen Beamten her;
der Verfasser ist Geheimer Regierungsrath, früher ist er lange Jahre Land-
rath gewesen. Um so grössere Beachtung verdient, was er über die preussi-
sche Bureaukratie sagt, von deren unbedingter Vortrefflichkeit er nicht über-
zeugt ist, der er aber trotzdem die grössten Aufgaben zuweist.
Der Gedankengang des Buches ist etwa folgender.
Der Unterschied in der äusseren Lage der besitzenden und der nicht
besitzenden Klassen wird immer grösser, und tritt namentlich in Bezug auf
Wohnung und Nahrung krass hervor. Dabei ist das geistige Niveau der
grossen Masse der Besitzenden keineswegs entsprechend so viel höher, denn
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