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Sinn, besser vorgebildet werden, namentlich durch genaue Regelung des
Studienganges für jedes einzelne Fach vom 6. bis zum 32. Lebensjahr. Vor
Allem aber ist die Methode unserer Verwaltung von Grund aus zu ändern.
Nach v. Massow ist seit 1848 in Preussen die Bureaukratie souverän. Denn
seit Einführung des konstitutionellen Systems hat der Herrscher nicht mehr
das Interesse an der Verwaltung wie früher. Früher ging alle Initiative
vom König aus, und er konnte Maassregeln, die er für nöthig hielt, auch
wirklich durchführen; jetzt ist er an die Mitwirkung des Landtags gebunden
und auch sonst in mancher Hinsicht beschränkt, So hat sich denn das In-
teresse unserer Könige seit 1848 fast ausschliesslich dem Heere zugewandt;
auf diesem Gebiet hat auch die Verfassung die Rechte des Königs nicht
wesentlich verkürzt, wie z. B. Armeebefehle nicht der Gegenzeichnung eines
Ministers bedürfen; hier ist also noch etwas zu machen, wie denn die Armee-
reorganisation von 1860 das „eigenste Werk“ König Wilhelms I. war.
Andrerseits haben wir auch nicht das parlamentarische System, wobei die
aus einer Partei hervorgegangenen Minister auch von ihrer Partei überwacht
werden. So werden die Minister weder von dem Herrscher in ihrer Thätig-
keit eingehend kontrollirt, noch auch sind sie dem Landtag thatsächlich,
wenn auch vielleicht rechtlich, verantwortlich. Die Minister sind, jeder in
seinem Ressort, fast unabhängig, denn auch Inspizirungen der unteren Be-
hörden durch den Herrscher selbst, wie es beim Heer der Fall ist, kommen
nicht mehr vor. Der Monarch erfährt nur durch die Vorträge der Minister,
was vorgeht. Aber auch die Minister selbst sind wieder, weil sie zu viel-
fach, auch durch den Landtag, in Anspruch genommen sind, auf die Berichte
der vortragenden Räthe angewiesen, die ihrerseits ebenfalls fast ausschliesslich
aus Berichten der Provinzialbehörden schöpfen, die ebenfalls wieder sich
von den Lokalbehörden berichten lassen. So ist denn ein ungeheures und
dabei noch äusserst schwerfällig eingerichtetes Schreibwesen entstanden, und
es fehlt die lebendige, eigene Anschauung der Dinge. Generalinspektionen
der Behörden haben fast ganz aufgehört, nur in Bezug auf Spezialfälle wird
revidirt. Fast möchte man wieder Stein’s harte Worte anwenden von den
„Buralisten, die, es regne oder es scheine die Sonne, ihren Gehalt aus der
Staatskasse erheben und schreiben, schreiben, schreiben.“
Wie ist nun da zu helfen?
Nach v. Massow einmal durch Dezentralisirung, d.h. Erweiterung der
Kompetenz der Lokalbehörden, so dass nicht um jeden Quark nach Berlin
berichtet zu werden braucht, ferner durch fortwährenden Austausch der Be-
amten, wie in der Armee zwischen Frontdienst und Generalstab und dergl.,
zwischen Central- und Provinzial-Instanz, wobei dann freilich die Rang-
verhältnisse von der Dienststellung unabhängig zu machen wären.
Mit einer so reorganisirten Verwaltung hofft der Verfasser auch den
von ihm dem Staat zugeschriebenen grösseren Aufgaben gerecht zu werden.
Wie weit seine Reformvorschläge bei ihrer Verwirklichung Aenderungen in