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den sozialen Verhältnissen herbeiführen würden, darüber ist schwer zu ur-
theilen. Ob er nicht doch die Macht des Staates überschätzt, und ob auch
die beste Verwaltung das alles leisten kann, was er von ihr verlangt?
Jedenfalls aber ist seine Schrift anregender Gedanken voll und weist mit
Sachkenntniss auf schwerwiegende Mängel unseres Staatslebens hin.
Dr. Gottfried Koch.
Steinbach, Dr. Emil, Rechtsgeschäfte der wirthschaftlichen Or-
ganisation. Wien, Manz, 1897. VII u. 1848. M.3.—.
Dass die bei uns übliche Auseinanderreissung der juristischen und der
ökonomischen Disziplinen ein Widersinn ist, dass die beiden Elemente der
Wissenschaft des menschlichen Gemeinlebens der gegenseitigen Ergänzung:
und Durchdringung bedürfen, das kommt neuerdings immer häufiger und
nachdrücklicher zum Bewusstsein. In dieser Beziehung gibt uns Oesterreich
ein gutes Vorbild, indem dort die in der Organisation des wissenschaftlichen
Unterrichts durchgeführte Einheit der Rechts- und Staatswissenschaft auch
in der Forschung und Litteratur ihre Früchte gezeitigt hat. Man kann
gewisse Vorzüge der österreichischen Schule in der Nationalökonomie wohl
auf die gründliche juristische Vorbildung ihrer Vertreter zurückführen. Und
wie fruchtbar andrerseits sich ein ökonomisch geschultes Denken für juristi-
sche Untersuchungen erweisen mag, dafür ist die vorliegende Schrift STEIN-
BACH’s ein interessantes und anregendes Beweisstück.
Der Titel freilich ist nicht gerade glücklich und klar formulirt; man
muss ‘erst den Inhalt kennen, um den Titel richtig zu verstehen. Das ist
immerhin ein Mangel; wie vom Manne gilt es vom Buche den Lesern
gegenüber: „ein Titel muss sie erst vertraulich machen.* Aber Mancher
hat es wohl peinlich selbst erfahren, dass es unter Umständen das Aller-
schwierigste ist, einem guten Gedanken den guten Titel zu finden, — was
vielleicht auch wieder vom guten Manne gilt. STEINBACH will Natur und
Art derjenigen Verträge untersuchen, deren Inhalt und Absicht die Schaffung
einer wirthschaftlichen Organisation ist.
„Die gegenwärtige Wirthschaftsordnung steht unter dem Zeichen des
Vertrages“, mit diesem wohl unstreitigen Axiom hebt STEINBACH an. Die an
sich unübersehbare Fülle der Verträge, in deren Abschluss und Erfüllung das
moderne Wirthschaftsleben sich grossen Theils abspielt, wird behufs geistiger
Erfassung unter mannigfachen Gesichtspunkten in Kategorien zerlegt. Neben
die übliche Eintheilung in entgeltliche und unentgeltliche Verträge stellt nun
die wirthschaftliche Betrachtung eine andere Alternative, je nachdem der
Zweck des Vertrages die Ueberlassung wirthschaftlicher Güter ist oder aber
die organisatorische Ergänzung des Wirthschaftssubjekts. Die letztere Kate-
gorie bilden eben die „Rechtsgeschäfte der wirthschaftlichen Organisation“.