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kräfte innerhalb der mündlichen Verhandlung“. Wach anerkennt die Zweck-
mässigkeit der sogenannten ersten Tagsatzung, welche er treffend als „Ein-
lassungstermin“ bezeichnet, weil der Zweck der ersten Tagsatzung ist, so-
gleich nach Anbringung einer Klage zu konstatiren, ob es überhaupt zu
einem ernstlichen Streite kommen oder ob nicht letzterer (durch Partei-
verfügung, Versäumniss, durch Mangel einer Prözessvoraussetzung) von vorn-
herein abgeschnitten werde. Nur bemängelt Wacn, dass -die erste Tag-
satzung vor einem Einzelrichter des Gerichtshofs — nicht vor dem Senate
— abgehalten wird; und in der That schiene es zweckmässig, die vielfach
verwickelten, grösstentheils formalen Streitfragen, welche sich in diesem
Stadium des Verfahrens ergeben können, der kollegialen Judikatur zu unter-
werfen. Eine viel wichtigere, prinzipielle Einwendung erhebt indessen Wach
gegen eine die mündliche Streitverhandlung selbst betreffende Be-
stimmung, wonach das Verfahren zu trennen ist in ein präklusivisches Sta-
dium der Verhandlung einerseits und der Beweisaufnahme 'ändererseits.
Freilich ist zu bemerken, dass die betreffende Bestimmung ($ 278 österr.
Civilprozessordnung), welche bezüglich der nicht sofort ausführbaren Be-
weisaufnahmen die kombinirten Beweisbeschlüsse als Regel aufstellt, dem
gerichtlichen Ermessen vollkommen Freiheit lässt, sodass in Fällen prakti-
schen Bedürfnisses ganz wohl auch in Oesterreich, ebenso wie in Deutsch-
land successive Beweisaufnahmen — auch für nicht liquide Beweise — vom
Gerichte im Laufe der Streitverhandlung angeordnet werden können. Es’ ist
daher doch wohl diese Bestimmung wohl zu unterscheiden von der im alten
(gemeinen und österreichischen) Prozesse obligatorisch geltenden Eventual-
maxime. Auch die richterliche Souveränität, kraft welcher die nach solchen
Beweisaufnahmen in Verschleppungsabsicht vorgebrachten neuen Behaup-
tungen und Beweise zurückgewiesen werden können, giebt doch wohl zu
keinerlei praktischen Bedenken Anlass. Sehr richtig dagegen sind die Be-
merkungen WachH’s über die allzu straff gespannten Verbotsbestimmungen
des Entwurfs gegen Vertagungen von Verhandlungen, und sehr beherzigens-
werth sind die treffenden Worte, welche Wach in Anschluss an seine Kritik
dieser Bestimmungen spricht: „Nichts ist demoralisirender, als Gesetze erlassen,
von deren Undurchführbarkeit man überzeugt ist.“ — Allerdings darf — ge-
wissermaassen zur Rechtfertigung der so strengen Bestimmungen des neuen
Österreichischen Prozessgesetzes gegen Vertagungen — nicht vergessen werden,
dass eben in der dem alten Prozess eigenthümlichen Erstreckungsfreiheit
einer der grössten Krebsschäden des bisherigen Verfahrens in Oesterreich
gelegen war und dass daher jede Reform genöthigt war, gerade auf diesem
Punkte mit aller Strenge einzugreifen. — Die drei übrigen Absehnitte der
Schrift von Wach beschäftigen sich mit der „Vorbereitung der mündlichen Ver-
handlung“ (S. 22—-30), mit dem „Beurkundungszwang* (S. 31—44) und mit
dem „Berufungs- und Versäumnissverfahren“ (8. 45ff.). Aus diesem wichtigen
Theile der Schrift Waca’s wären besonders hervorzuheben die sehr beachtens-