Full text: Archiv für öffentliches Recht.Dreizehnter Band. (13)

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werthen Ausführungen über das nach Ansicht Wach’s in zu weitem Umfange zu- 
lässige „rorbereitende Verfahren“ (instruction par eEcrit), welches im neuen 
österreichischen Prozesse nicht nur für die sogenannten Punktensachen (kom- 
plizirte Rechnungs-, Bauprozesse und dergl.), sondern auch in den Fällen 
vielfältigen thatsächlichen Vorbringens, sowie zum Zwecke einer antizipirten 
Beweisaufnahme (neben der Beweisaufnahme zum ewigen Gedächtnisse) An- 
wendung findet. Gerade in dieser Beziehung obwalten gegen den reformirten 
österreichischen Prozess allerdings wesentliche Bedenken, welchen freilich am 
besten und wirksamsten durch eine vernünftige Praxis abzuhelfen sein wird. 
Denn ein Zwang zur Einleitung dieses vorbereitenden Protokollarverfahrens 
besteht nicht; dem richterlichen Ermessen ist auch in dieser Beziehung 
freier Spielraum gewährt. — Die Ausführungen Waca’s über die Proto- 
kollirung und über die Berufung stehen in inniger Wechselbeziehung zu ein- 
ander. WacH bekämpft vor Allem das vom Österreichischen Gesetze adoptirte 
System der gemeinrechtlichen Berufung als Nachprüfung des Verfahrens 
erster Instanz auf Grund des in erster Instanz zu Tage geförderten Prozess- 
stoffes und setzt sich entschieden für die volle Berufung als novum judicium, 
als völlig neue durch keine Schranken eingeengte Durchführung des ganzen 
Prozesses in der Berufungsinstanz ein. Im Zusammenhang damit spricht 
sich WacH gegen die fortlaufende genaue Protokollirung des Verhandlungs- 
inhaltes der ersten Instanz aus — welche nur dazu dient, um für den Fall 
der Berufung ein Substrat der richterlichen Ueberprüfung bei der Hand zu 
haben — und empfiehlt an Stelle des im Protokolle niedergelegten Gerichts- 
zeugnisses den erst im Stadium der Urtheilsschöpfung zu Stande kommenden 
Thatbestand des Urtheils. — Was das Versäumnissverfahren anbelangt, 
so wünscht WacH an Stelle des vom österreichischen Gesetze beibehaltenen ge- 
meinrechtlichen Systems der Wiedereinsetzung ex justa causa die Einführung 
des französischen und deutschen Systems des — voraussetzungslosen — Ein- 
spruches, durch welchen das Versäumnissurtheil — ohne Nachweisung einer 
justa causa der Versäumung — über einfache Erklärung des Contumax ausser 
Kraft tritt und ein neues Verfahren herbeigeführt wird. — Wacha ist indessen 
weit entfernt, diese seine Bedenken als Lebensfragen für den neuen öster- 
reichischen Reformprozess hinzustellen; und in der That, es lässt sich nicht 
leugnen, dass bei aller Anerkennung der objektiven Richtigkeit der be- 
treffenden Ausführungen die Gesetzgebung in Oesterreich gerade in diesen 
Punkten sich nicht allzuweit von dem bisherigen Systeme entfernen wollte 
und durfte. In Oesterreich handelte es sich darum, zunächst die aller- 
wesentlichsten Uebelstände des alten Verfahrens zu beseitigen, und dieser 
Zweck ist durch das neue Gesetz erreicht. Es ist aber dadurch noch keine 
definitive, für alle Zukunft unabänderliche Reform geschaffen worden; viel- 
mehr unterliegt es keinem Zweifel, dass über kurz oder lang ein neuer Schritt 
auf diesem Gebiete wird gemacht werden müssen, und bei diesem Anlasse 
werden dann die bei dem ersten, zögernden Schritte aus dem alten System
	        
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