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und Erfordernisse des Gewohnheitsrechtes festzustellen, gerecht-
fertigt erscheinen. Einer erschöpfenden Auseinandersetzung mit
den bisherigen Theorien, wie sie an sich nahe läge, bedarf es
nach den ausführlichen Besprechungen bei BIERLING (Zur Kritik
der juristischen Grundbegriffe. Erster Theil) und ZITELMANN (im
Archiv f. civilist. Praxis, Bd. LXVI 8. 323ff.) nicht mehr. Ich
werde daher in dieser Beziehung nur Einzelnes hervorheben, soweit
es mir für meine eigenen Untersuchungen wichtig erscheint, und
ausserdem meine Bedenken gegen -die Construktionen der beiden
Genannten sowie gegen die Erörterungen von RÜMELIN (in
IHering’s Jahrb. f. Dogmatik, Bd. XX VII S. 153ff.) zu begründen
versuchen.
Nach der gegen den Ausgang des vorigen Jahrhunderts herr-
schenden Meinung, wie sie GLÜCK in seiner ausführlichen Erläu-
terung der Pandekten nach HELLFELD I (2. Ausg. S. 447ff.)
darstellt, beruht die gesetzliche Kraft der Gewohnheiten lediglich
auf dem stillschweigenden Konsens des Gesetzgebers; dieser aber
wird aus der nicht widersprochenen öfteren Wiederholung gleich-
förmiger Handlungen gefolgert. Auf die in die Augen springende
grosse Schwierigkeit des Nachweises dieser Einwilligung geht
GLück nicht näher ein, einmal weil nach ihm (8. 485), wenn die
übrigen Erfordernisse des Gewohnheitsrechtes dargethan sind,
jene bis zum Beweise des Gegentheils vermuthet werden soll,
dann aber auch wohl, weil er einer weiteren gegen die Anschau-
ungen seiner Zeitgenossen gerichteten Bemerkung zu grossen
Werth beilegt. Er macht nämlich darauf aufmerksam, dass der
Gesetzgeber seine Einwilligung auch ausdrücklich und generell
ertbeilen könne, während man sonst eine für jeden einzelnen ge-
wohnheitsrechtlichen Satz erfolgende Billigung, aber nur eine
'stillschweigende, vorausgesetzt hatte, und er beruft sich hierfür
auf die Kammergerichts-Ordnung I 13 $ 1?, die ©. C. ©. 104,
2 K.-G.-O. v. 1555 I 13 $ 1: Die Beysitzer des Cammergerichts sollen
. auf des Reichs gemeine Recht, Abschied ... vnd erbare Ländische