— 1693 —
116 u. a.°, den Jüngsten Reichsabschied $ 103* und das Instr.
Pacis Osnabruc. VIII 8 4°. Ob er hierbei nur an eine nach-
trägliche Billigung denkt oder auch an eine im Voraus ertheilte
Erlaubniss zur Bildung von zukünftigen Gewohnheitsrechten,
erhellt nicht mit voller Deutlichkeit. Im Uebrigen steht auch er
ganz auf dem Boden der damaligen Auffassung.
Dass diese Theorie weder in der von GLück noch in der
von seinen Gegnern vertheidigten Gestalt gebilligt werden kann,
wird heutzutage von den Meisten® zugestanden. Jedenfalls ist
das Erforderniss der besonderen Genehmigung jedes einzelnen
(tewohnheitsrechtes undurchführbar, da der Träger der gesetz-
gebenden Gewalt nur selten von den im Lande entstehenden
Uebungen Kunde erhält, ganz abgesehen von den Bedenken gegen
die Zulässigkeit einer stillschweigenden Billigung, die sich aus
Ordnungen, Statuten vnd redliche erbare Gewohnheiten der Fürstenthumben,
Herrschaften vnd Gericht... . Urtheyl fassen vnd aussprechen.
® Art. 105 verweist auf gute Gewohnheit bezüglich der verschiedenen
Arten der Todesstrafe und der Leibesstrafen „nach guter gewohnheyt eines
jeden Landts“; Art 116 bedroht die Sodomie: „vod man soll die der ge-
meynen gewohnheyt nach mit dem feuer vom leben zum todt richten“; Art.
126 verhängt gegen den Räuber die Strafe des Schwertes „oder wie an jedem
ortt in diesen fällen mit gutter gewohnheyt herkommen ist“; Art. 137 miss-
billigt die Gewohnheit etlicher Gegenden, Mörder und Todschläger mit
gleicher Strafe zu richten. Vgl. auch aus der Vorrede: „das alle vnd jeder
vnser vnd des Reichs vnderthanen sich . . . löblichen gebreuchen gemess
halten mögen ... Doch wöllen wir... . Churfürsten ... an jren alten
wohherbrachten rechtmässigen vnd billichen gebreuchen nichts benommen
haben.“
* J.-R.-A. v. 1654, 8 105: Benebens sollen Cammer Richter, Praesi-
‚denten vnd Beysitzere, bei administration der heilsamen Justiz, so wol die
Statuten vnd Gewohnheiten, als... vor Augen haben vnd wohl beobachten.
5 Die Stelle handelt von den Rechten der Reichsstädte. Die in ihr
erwähnten „laudabiles consuetudines“ bezeichnen wohl weniger Gewohnheits-
recht, als vielmehr das Herkommen, auf welches sich einzelne wohlerworbene
Rechte gründen.
® Eine Ausnahme bildet z. B. RümELIN, auf dessen Auffassung weiterhin
genauer eingegangen werden wird, ebenso Bmpme in seinem Handbuch des
Strafrechts I S. 202. 210.
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