Full text: Archiv für öffentliches Recht.Dreizehnter Band. (13)

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nach den ihrerseits feststehenden Grundsätzen des fremden Staats- 
rechtes. In Bezug auf das Gewohnheitsrecht fehlt es aber an 
entsprechenden Merkmalen, an denen sich ihre Verbindlichkeit 
erkennen lässt; hier müsste also der Gesetzgeber erst die Merk- 
male schaffen, und ein allgemeiner Ausspruch, dass das Gewohn- 
heitsrecht beachtet werden solle, würde dem Richter nicht den 
nöthigen Anhalt gewähren. Sollen aber die Kennzeichen des 
Gewohnheitsrechtes anderweitig abgeleitet werden, so ist diese 
Theorie noch einer Ergänzung bedürftig, und es bliebe noch zu 
untersuchen, ob nicht die gefundenen Erfordernisse eine ganz 
andere Auffassung über das Wesen des (rewohnheitsrechtes er- 
möglichen. 
Ebensowenig befriedigend ist aber auch die Lehre der histo- 
rischen Schule über die Entstehung des Gewohnheitsrechtes. 
Die gegen sie zu erhebenden Einwendungen sind von ZITELMANN 
{a. a. O. 8. 384ff.) in meines Erachtens so überzeugender Weise 
dargelegt, dass ich ihnen nur noch wenige Bemerkungen hinzu- 
zufügen habe. PucHTA versteht, wie man wohl annehmen muss, 
obgleich seine Ausdrucksweise nicht jeden Zweifel ausschliesst, 
unter Volk eine selbständige, von den einzelnen Volksgenossen 
verschiedene Gesammtpersönlichkeit. Da legen die in Deutschland 
bestehenden staatlichen Verhältnisse denn doch die Frage nahe, 
an welche der verschiedenen in der Wirklichkeit vorkommenden 
Bildungen dieser Begriff anknüpft. Ist Volk die Gesammtheit 
der durch Abstammung, Sprache, Sitte u. s. w. Verbundenen 
oder die Gesammtheit der durch eine einheitliche staatliche Herr- 
schaft Zusammengehaltenen? Ist die erstere Träger der Rechts- 
bildung, so ist es unmöglich, dass sich in dem Gebiete, das von 
derselben Nation bewohnt wird, verschiedene (partikuläre) Ge- 
wohnheitsrechte bilden, soferne nicht in der einen Landschaft 
ganz andere Liebensverhältnisse bestehen, als in der anderen — 
eine Foolgerung, die mit den Thatsachen in offenbarem Wider- 
spruche steht. Man denke nur an die Zersplitterung des ehe-
	        
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