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gemein naheliegender und wichtiger Fall. Kann man aucn auf
ihn den Satz von der.lex posterior generalis anwenden? Wört-
lich verstanden, darauf hat schon THIBAUT aufmerksam gemacht
(S. 120), natürlich nicht, denn bei dem konfirmatorischen,
nicht korrektorischen Charakter des neuen Gesetzes kann von
einer „derogatio“ überhaupt nicht, also auch nicht von einer Be-
schränkung derselben die Rede sein. Aber darum findet doch
die materielle Idee unserer Parömie nur a fortiori auch hier Ver-
wertung. Weil Korrekturen im Zweifel nicht anzunehmen sind,
führt THIBAUT mit Recht aus, kann man aus der Wiederholung der
alten Regel nicht ableiten, dass der Gesetzgeber damit die Einzel-
heiten des älteren Rechts vernichtet habe. Dies zumal, wenn
sie auf ihre Geltung noch weiterhin behauptenden Gründen be-
ruhen. Man werfe dagegen nicht ein, dass damit das neue Ge-
setz zu einem inhalts- und folgerecht sinnlosen gestempelt sei —
das möchte bei einem blos konfirmierenden Einzelgesetze allen-
falls zutreffen, aber nimmermehr bei einer Wiederholung des
schon bisher geltenden Rechtsprinzips im Rahmen eines ganzen
(esetzbuches, wobei eben in dieser Einfügung in das grössere
Ganze Sinn und Zweck der Wiederholung besteht. Wollte man
das Gegenteil annehmen und durch eine solche die bisherigen
Ausnahmen vom Prinzip beseitigt sein lassen, so würde man den
konfirmatorischen Charakter derselben in einen korrekto-
rischen verschieben, was doch nicht angängig ist und einen
gröblichen Verstoss gegen das oben aufgestellte Dogma ent-
halten würde, wonach für die möglichst geringe Abweichung vom
bisherigen Rechtszustande zu präsumieren sei. Die anzuer-
kennende Möglichkeit, dass in der äusseren Form der Wieder-
einschärfung des alten Prinzipes in Wahrheit eine Beseitigung
der davon bislang geltenden Ausnahmen beabsichtigt ist, vermag
daran für die Regel der Fälle nichts zu ändern.