Full text: Archiv für öffentliches Recht.Dreizehnter Band. (13)

— 169 — 
Demnach ist es unzulässig, die Rechtsnormen (ihrem Inhalte 
nach) auf einen einzigen Entstehungsgrund zurückzuführen. Viel- 
mehr werden verschiedene Ursachen neben einander wirksam, und 
nur bei ganz einfachen Verhältnissen, wo geistige Bildung und 
wirthschaftliche Interessen der Stammesgenossen noch bei ihnen 
allen durchaus gleichartig sind, kann das volksthümliche Element 
der Rechtsbildung so sehr in den Vordergrund treten, dass es 
bei der wissenschaftlichen Betrachtung allein berücksichtigt zu 
werden braucht. Dies geht aber nicht mehr an, wenn sich für 
engere Gruppen verschiedenartige Zustände und hieraus Unter- 
schiede in deren Anschauungen und Bedürfnissen entwickeln, die 
zu Interessenkämpfen führen, während man zugleich eine Spaltung 
der Rechtsordnung nach Ständen vermeiden will oder nicht zu- 
lassen kann, weil es sich gerade um die Beziehungen der ver- 
schiedenen Bestandtheile der Bevölkerung zu einander handelt. 
Dann wird für die Rechtsbildung noch das weitere Element der 
Macht von Bedeutung. Und so liessen sich vielleicht noch mehr 
Ursachen für die Entwickelung der einzelnen Theile einer be- 
stimmten Rechtsordnung auffinden. 
Unter den neueren Arbeiten über die Entstehung des Rechts 
ist vor allem die schon angeführte Schrift von BIERLING, „Zur 
Kritik der juristischen Grundbegriffe. Erster Theil“ hervorzuheben. 
Seine Beweisführung geht von einer Kritik der bisherigen An- 
sichten aus. Zum verfassungsmässigen Zustandekommen eines 
Gesetzes gehört einmal ein Thätigwerden bestimmter Personen, 
und sodann müssen diese in Gremässheit bestimmter Normen vor- 
gehen. Nun lässt sich die verbindende Kraft des Willens jener 
Personen nicht unmittelbar aus einer persönlichen oder sogenannten 
rein thatsächlichen Qualifikation derselben (als von Gott gesetzte 
Obrigkeit oder dergl.) ableiten, vielmehr müssen immer wieder 
gewisse anerkannte Normen als Grundlage für die gesetzgeberische 
Stellung irgend eines Subjekts vorausgesetzt werden (Glaube an 
die verbindende Kraft: des postulirten göttlichen Gebotes u. s. w.).
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.