Full text: Archiv für öffentliches Recht.Dreizehnter Band. (13)

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dann als ein Unrecht. Für BiıerLınaG kann der Begriff des letz- 
teren, wie mir scheint, auch nur dann als gegeben angesehen 
werden, wenn jemand einer Norm zuwiderhandelt, obwohl er sie 
anerkennt. Man könnte dies damit vertheidigen, dass jede Willens- 
bestimmung in sich ein gewisses Beharrungsvermögen besitzt, wie 
sich schon daran zeigt, dass in sehr vielen Fällen die Ausführung 
dem Entschlusse erst nach einiger Zeit nachfolgt, während es 
doch unrichtig wäre, bei jeder einzelnen zu seiner Verwirk- 
lichung vorgenommenen Thätigkeit eine wiederholte Erzeugung 
desselben anzunehmen. Dies muss selbst dann gelten, wenn die 
Handlung unterbrochen und daher auch die ihr zu Grunde lie- 
gende Willensbestimmung inzwischen von anderen Vorstellungen 
in den Hintergrund gedrängt wird. Das Bewusstsein vermag sie 
nicht festzuhalten, ohne dass man desshalb an ihrem Fortbestande 
zweifeln dürfte. Es verhält sich mit ihr ähnlich wie mit Vor- 
stellungen und Kenntnissen, die einmal erworben, als dauerndes 
Eigenthum des Gedächtnisses anzusehen sind, auch wenn man 
sie sich nicht gerade gegenwärtig hält. Eine Anwendung hiervon 
bietet uns unser Privatrecht in der Lehre vom Besitz, indem es 
an den Wegfall eines seiner Erfordernisse zwar seinen Untergang 
knüpft, aber jene, also, was für uns von besonderer Bedeutung 
ist, den animus possidendi bis zu ihrer Verkehrung in das Gegen- 
theil als vorhanden annimmt. Darin liegt keineswegs eine aus 
blossen Zweckmässigkeitsgründen eingeführte Fiktion, sondern 
eine gerechtfertigte Anerkennung thatsächlicher Verhältnisse. Das 
(Gresagte gilt namentlich dann, wenn der Wille sich auf ein dau- 
erndes Verhalten richtet. Hier dürfen nicht in den einzelnen 
Handlungen, die sich als Befolgung des allgemeinen Grundsatzes 
darstellen, von einander völlig unabhängige Anerkennungsent- 
schlüsse gefunden werden, vielmehr sind sie alle der Ausfluss 
einer einzigen fortdauernden Willensbestimmung. So entsteht 
durch das Wollen einer Handlung, das mit dem daneben fest- 
gehaltenen Wollen der Befolgung eines allgemeinen Grundsatzes
	        
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