Full text: Archiv für öffentliches Recht.Dreizehnter Band. (13)

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in Widerspruch steht, ein innerer Zwiespalt des Willens, den 
wir gerade als Unrecht kennzeichnen dürfen. Aber genauere 
Betrachtung zeigt, dass der Anerkennungswille hier doch nicht 
unverändert bleibt. Anerkennung im BiERLING’schen Sinne ist 
ein dauerndes habituelles Verhalten, fordert also, dass die Norm 
ausnahmslos zur Richtschnur des Handelns gemacht wird und 
nicht bloss nach Willkür bald befolgt wird, bald nicht. Indem 
der Wille sich aber auf eine Uebertretung richtet, nimmt er der 
Norm diese Bedeutung und setzt reine Willkür an ihre Stelle. 
Der Inhalt des Wollens ist also jetzt ein anderer als vorher. Dass 
die Norm in Zukunft wieder in Geltung treten soll, ändert hieran 
nichts, zur Zeit wird ihre Herrschaft verneint, d. h. die Aner- 
kennung ist zur Zeit nicht vorhanden. Damit fällt dann aber 
auch der Begriff des Unrechts hinweg, wenn man die Verbind- 
lichkeit der Normen ausschliesslich auf ihre Anerkennung durch 
die Menschen zurückführt; es ist unerklärlich, wesshalb die Vor- 
stellung, dem eigenen Handeln liege ein Satz zu Grunde, der 
nicht nur für den einzelnen Fall zutreffe, sondern auch unter 
zukünftigen ähnlichen Verhältnissen angewendet werden müsse, 
fir den Willen verbindende Kraft haben könne. Solange man 
die Anerkennung nur als Thatsache betrachtet, bedarf es einer 
näheren Darlegung nach dieser Richtung nicht; will man aber 
aus ihr die Geltung des Rechtes ableiten, so muss darüber Auf- 
klärung gegeben werden, worauf denn eigentlich die Verpflichtung 
zur Befolgung der Rechtssätze sich gründet. 
Eine gewisse Aehnlichkeit mit den Anschauungen BIERLING’s 
zeigen diejenigen von ZITELMANN (im Arch, f. civil. Praxis Bd. LXVI 
S. 447 f.), die sich etwa folgendermassen zusammenfassen lassen: 
Die Behauptung, ein Satz (in der weitesten Bedeutung des Wor- 
tes) gelte, enthält nicht eine konkrete Vorstellung von etwas 
Seiendem, sondern ist ein allgemeines hypothetisches Urtheil 
dahin, überall wo und wenn das in der Hypothese Bezeichnete 
wirklich ist oder wird, ist oder wird auch das in der These Be-
	        
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