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zeichnete wirklich, Die Nothwendigkeit des Zusammenhanges
zwischen Hypothese und These lässt sich nur durch metaphysi-
sche Spekulationen erweisen, welche nie auf allgemeine Anerkennung
rechnen können, aber auch überflüssig sind, wenn wir nur wissen,
dass der Zusammenhang besteht. Der Einzelne erlebt nun in
sich die Thatsache, dass er bei bestimmten Umständen sich inner-
lich zu einem Handeln in bestimmter Richtung befugt oder ver-
pflichtet fühlt. Wenn sich dieses Gefühl wiederholt einstellt, so
sucht er nach einem Grunde, warum auf diesen Anlass stets
diese Folge eintritt, und da er keine anderweite Ursache findet,
so verwandelt sich ihm die Vorstellung, dass er sich verpflichtet
fühle, in die andere, dass er verpflichtet sei. Weiter kommt er
dann auch dazu, die Wirklichkeit des Satzes, welcher das Ver-
pflichtetsein an jene Umstände bindet, in vollem Umfange anzu-
nehmen, das Gesetz wird also als etwas objektiv Wirkliches, als
eine objektiv geltende Ordnung vorgestellt. Dies trifft nicht blos
für das Sittengesetz zu, auch auf rechtlichem Gebiete beobachten
wir analog, dass die Menschen sich thatsächlich in ihrem äusseren
Verhalten zu einander gleichförmig nach gewissen Regeln richten,
und wir schliessen daraus, dass diese Regel als Rechtssatz herrscht.
Dauert dieser Zustand längere Zeit, und hat man genügenden
Anlass zu der Annahme, dass jenes thatsächliche Herrschen an-
dauern werde, so erzeugt sich die Vorstellung, dass diese that-
sächliche Rechtsordnung eine rechtlich geltende Ordnung sei.
Weiter wird dann auch die Geltung des Satzes als unabhängig
gedacht von seinem thatsächlichen Angewendetsein, der Satz selbst
wird also als geltend gedacht auch für und gegen den, welcher
ihn nicht anerkennt. Was insbesondere das Gesetzesrecht be-
trifft, so müssen wir hier von einem allgemeinen Rechtssatze aus-
gehen, durch den der Gesetzgeber die Macht erhält, geltendes
Recht zu schaffen. Wenn nun das Gebot einer Person längere
Zeit hindurch befolgt ist, wenn ferner die Verhältnisse eine wei-
tere Dauer dieser Machtstellung wahrscheinlich erscheinen lassen,
Archiv für Öffentliches Recht. XIII 2. 12