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schied zwischen dem vereinbarten Preise und dem Börsen-
oder: Marktpreise der Lieferungszeit von dem verlierenden
Teile an den gewinnenden gezahlt werden soll, so ist der
Vertrag als Spiel anzusehen. Dies gilt auch dann, wenn nur
die Absicht des einen Teiles auf die Zahlung des Unter-
schieds gerichtet ist, der andere Teil aber diese Absicht kennt
oder kennen muss.“
Das Verhältnis dieser Sätze ward erklärlicherweise alsbald
(fegenstand einer lebhaften Kontroverse. Während STAUB in einem
Vortrag der Berliner juristischen Gesellschaft vom 9. Jan. 1897
die These verfocht, dass durch das im & 764 aufgestellte Prinzip
alle Börsengeschäfte getroffen und folgerecht die entsprechenden
Vorschriften des Börsengesetzes mit dem 1. Jan. 1900, dem Tage
des Inkraftretens des Bürgerlichen Gesetzbuches, wieder aufgehoben
würden!, bekannten sich in der anschliessenden Diskussion alle
Redner, vorzüglich Amtsgerichtsrat Jastrow und Bankdirektor
Justizrat Dr. RIESSER, energisch zur gegenteiligen Auffassung.
StAup’s Lehre erfuhr wieder Unterstützung durch OPPENHEIMER?,
während der Schreiber dieser Zeilen®?, unter Beifall von FREUND,
demgegenüber die Vereinbarkeit der verschiedenen Sätze ausführ-
ich zu vertreten suchte. Ob überhaupt und zu welchem Ende
diese unerquickliche Kontroverse geführt hätte, mag zweifelhaft
bleiben — denn zum Glück ist ihr durch ein Einschreiten der
Gesetzgebung in zwölfter Stunde die Grundlage entzogen. Die
! S. Horpaem's Monatsschrift für Handelsrecht und Bankwesen. Jahr-
gang VI (1897) No. 3 8. 72 fg.
2 R. A. Dr. ERNST ÖPPENHEIMER, daselbst S. 82—4.
3 Prof, Dr. P. OERTMANN, Das Verhältnis des Bürgerlichen Gesetzbuchs
zum Reichsbörsengesetz, in „Deutsche Juristenzeitung“ Jahrg. II (1897)
No. 7 S. 129/32. Ich darf wohl darauf aufmerksam machen, dass mein am
1. April veröffentlichter Aufsatz den erst mehrere Tage später gedruckten
Kommissionsbericht für das Handelsgesetzbuch natürlich nicht berücksichti-
gen konnte.
* Ger.-Ass. Dr. FREUND, in HoLpHEIM’s Monatsschr. a.a. O. No. 6 S. 178.