Full text: Archiv für öffentliches Recht.Dreizehnter Band. (13)

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(wissenschaftlich erkannte) Recht anzuwenden ®!. Versteht man 
dabei freilich unter Recht nur Gesetzesrecht, so ergibt sich die 
Fehlsamkeit dieser Ansicht aus der allgemein anerkannten Zu- 
lässigkeit des Grewohnheitsrechts; wie weit sie in Strafsachen eine 
Einschränkung erleidet, bestimmt eben der $ 2, um dessen Aus- 
legung es sich ja gerade handelt. Nimmt man jedoch in jenem 
Ausspruche das Wort „Recht“ im weiteren Sinne, so lässt sich 
aus ihm eine völlige Ausschliessung des Gewohnheitsrechts oder 
(rerichtsgebrauches nicht ableiten, falls man nur rücksichtlich der 
Thätigkeit des Richters von der richtigen, im nächsten Abschnitte 
näher zu ‚begründenden Auffassung ausgeht. Lassen sich dem- 
nach keine überzeugenden Gründe für die Auslegung des & 2 
Abs. 1 in einem weiteren Sinne beibringen, so hat man bei dem 
Wortlaute stehen zu bleiben, der nur die Aufstellung neuer 
Strafsatzungen (oder was dem gleich steht) durch Gewohnheits- 
recht verbietet. Zuzugeben ist allerdings, dass der Uebung in 
Strafsachen, auch soweit sie vorkommen kann, keine erhebliche 
Bedeutung zukommt, da unsere vielgeschäftige (Gesetzgebung es 
schwerlich zur Ausbildung von Gewohnheitsrechtssätzen wird 
kommen lassen. Sollten sich die Verhältnisse in dieser Beziehung 
einmal ändern, so wird höchst wahrscheinlich der ganze 8 2 be- 
seitigt werden. 
Abgesehen von den besprochenen Verboten oder Einschrän- 
kungen des Gewohnheitsrechts enthalten nun aber die in Deutsch- 
land geltenden Quellen nur sehr dürftige Bestimmungen über 
dessen Erfordernisse. In zahlreichen Stellen des Corpus juris 
wird allergings eine longa, inveterata, diuturna consuetudo, 
ein longaevus usus und dergl. verlangt®?. Dasselbe ergibt sich 
aber auch schon aus dem Begriffe des Gewohnheitsrechts. Dass 
fr. 34 D. de legibus 1, 3 nicht, wie früher von Manchen ange- 
®! v. Liszt, Lehrbuch des deutschen Strafrechts $ 16. 
%2 Belege bei PucHTa, Gewohnheitsrecht I-S. 92 und bei ScHMIDT, Zur 
Lehre vom Gewohnheitsrecht S. 13 Anm. 2.
	        
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