16 —
Auch diesen Sätzen ist die Unvereinbarkeit nachgesagt wor-
den in dem Kommentar zu dem Gesetze vom 27. Mai 1896 von
P. ScumiD®d. Die Bestimmung des & 823 Abs. 2 beziehe sich
auf alle Gesetze, die „nicht sowohl vorwiegend positiv subjektive
Berechtigungen vermöge Aufstellung objektiver Rechtsvorschriften
zu begründen, als vielmehr negativ die an sich bestehende Hand-
lungsfreiheit durch Aufstellung von WVerbotsvorschriften einzu-
schränken und dadurch Personen oder Personenklassen gegen die
unbeschränkte Ausnutzung der Handlungsfreiheit zu schützen be-
stimmt sind“. Ein solches sei aber das Gesetz über den un-
lauteren Wettbewerb; darauf finde also der Abs. 2 Anwendung;
da dieser aber strengstens die Ersatzpflicht nur im Falle eines
Verschuldens eintreten lasse, so sei der von solchem Moment
Abstand nehmende $ 6 des Spezialgesetzes durch das später
erlassene Bürgerliche Gesetzbuch für aufgehoben zu erachten.
Der Anspruch des 8 6 werde also vom Inkrafttreten des letzeren
an von einem Verschulden des Wettbewerbers abhängig sein.
Die entgegenstehende Ansicht vertritt mit kurzen Worten
LoBE®. Da die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches auf
alle Fälle die allgemeineren seien gegenüber denen des Wettbewerb-
Gesetzes, so finde der Satz lex posterior generalis non derogat
priori speciali hierauf Anwendung, jene ändern also die weiter-
gehenden Bestimmungen dieses Gesetzes nicht ab.
In der That wird man zugeben müssen, dass dem Gesetze
vom 27. Mai 1896 der Charakter eines Spezialgesetzes gegenüber
der allgemeinen Norm der 88 823 ff. innewohnt. Dafür spricht
der Name und Zweck des Gesetzes, das sich erkennbar gegen
gewisse Auswüchse des wirtschaftlichen Lebens richtet und diese
5R. A. P. Scamm, Die Gesetze zum Schutz des gewerblichen Eigen-
tums, Berlin 1897, S. 273/4.
6 1. R. Dr. AnvoLr Lose, Die Bestimmungen des Gesetzes gegen un-
lauteren Wettbewerb über Reklame. Vortrag. Sep.-Abdr. aus dem Sächs. Arch,
f. bürg. Recht. Bd. VII (Leipzig 1897) 8. 8.