— 252 —
des Irrthums letzterer allein Anspruch auf Beachtung, es müsste
denn schon eine so lange Zeit verflossen sein, dass seine Ver-
bindlichkeit inzwischen durch Nichtanwendung aufgehoben ist.
Trifft dies zu oder ist ein entgegengesetzter Rechtssatz überhaupt
nicht vorhanden, so sind die Gerichte in der Lage, ihre bisherige
Rechtsprechung festzuhalten, und die Erkenntniss, dass ihr nur
ein an sich unverbindlicher Rechtsgedanke zu Grunde liegt, ist
im Erfolge einflusslos.. Billigten sie aber den Inhalt der ver-
meintlichen Norm nicht und befolgten diese nur wegen ihrer an-
geblichen, positiven Geltung, so werden sie sich sofort von dieser
lästigen Fessel befreien. Sehen sie dagegen den in ihr ent-
haltenen Gedanken als gerecht und zweckmässig an, werden aber
dahin belehrt, dass eine entgegengesetzte Vorschrift noch gültig
Bei, so ist es möglich, dass sie trotzdem auch in Zukunft sich
über sie hinwegsetzen und jenen weiter zur Anwendung bringen.
Doch tritt dies hier nicht so leicht ein, wie unter gleichen Um-
ständen bei einem Gewohnheitsrechte. Ist es doch der Fall, so
wird der in der Ungesetzlichkeit dieser Handlungsweise liegende
Mangel nicht als solcher empfunden und auch in Wirklichkeit
durch den Einfluss der Zeit allmählich gehoben.