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Zur Geschichte der Verfassungen und Parteien.
Von
Professor Dr. Pu. ZoRN in Königsberg i. Pr.
Seitdem wir in Deutschland begonnen haben, auch im Staats-
recht harte juristische Arbeit zu treiben, ist jene ältere Litteratur,
die sich vorwiegend mit den das Staatsleben formenden und
bewegenden Kräften beschäftigte, fast völlig in Vergessenheit ge-
raten. Dieser Prozess war eine Notwendigkeit und wir beklagen
ihn nicht. Zwar gehören die Verfassungen dem positiven Staats-
recht an, ja sie bilden dessen Grundlage. Die politischen Parteien
und ihre Kämpfe aber bilden in keiner Weise einen Bestandteil
des Staatsrechts. Die wissenschaftliche Erörterung des Partei-
wesens ist demgemäss auch aus der Litteratur des Staatsrechts
vollständig verschwunden, ja sie hat überhaupt so gut wie auf-
gehört. Seit der aus der Anfangszeit des neuen Reiches her-
rührenden Arbeit des früheren badischen Ministers JOLLY über
unsere politischen Parteien ist meines Wissens eine zusammen-
fassende Darstellung dieser Art nicht mehr erschienen. Man
überlässt diesen Stoff den Zeitungen und höchstens Zeitschriften;
die Wissenschaft des Staatsrechts aber hält sich zu vornehm für
diese Frage.
Reaktionen tragen, so berechtigt sie auch sein mögen, stets
die Gefahr in sich, über das richtige Ziel hinauszugehen. So
vollberechtigt es war, Staatsrecht und Politik grundsätzlich zu