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Legalität von Verwaltungsakten haben; nur soweit private Inter-
essen in Betracht kommen, ist eine solche Kognition zugestanden,
indess die Kontrolle über Verwaltungsakte vom Gesichtspunkt
des öffentlichen Interesses aus besonderen Verwaltungsgerichten,
wie in Preussen, übertragen ist, die einen Bestandtheil der Ver-
waltungs-, nicht der Gerichtsorganisation bilden (S. 166, 174f.).
Diese letztere leidet an einem schlimmen Gebrechen insofern, als
zur Zeit noch nicht weniger als fünf oberste (ferichtshöfe in Rom,
Neapel, Turin, Florenz und Palermo bestehen; mit Recht bemerkt
Verf. hiezu: „one cannot help thinking, that this is an unfortunate
condition, because there is nothing, that tends more completely
to consolidate a people, without crushing out local life, than
a uniform administration of justice* (S. 171). Ausser diesen
fünf obersten Gerichtshöfen ist überdies auch noch die erste
Kammer der Volksvertretung, der Senat, oberster Gerichtshof
für gewisse Verbrechen gegen den Staat, insbesondere Hoch-
verrat, sowie Ministeranklagen (S. 155), eine ganz eigentüm-
liche und unhaltbare Vermischung von Gesetzgebung und Rechts-
pflege.
Die sehr zahlreiche (580 Mitglieder) italienische Deputierten-
kammer, welcher, wie oben bemerkt, Priester im aktiven Dienst
und ausserdem auch Beamte, die vom Staat besoldet sind, nicht
angehören dürfen (8. 159), bildet für die Gesetzgebung den allein
entscheidenden Faktor; weder der Senat noch der König haben
nach dieser Richtung thatsächlich eine nennenswerte Bedeutung.
Diese Machtvollkommenheit giebt der Deputiertenkammer eine
zentrale Stellung im Staatsleben, die in Beziehung auf die Schwäche
der häufig wechselnden Minister sowie für Ausbeutung des
Staates durch die Abgeordneten zum eigenen Vorteil und für
Privatinteressen der Wähler ähnliche Folgen hervorbringt wie
in Frankreich (S. 193), wenn dies auch nicht bis zu völliger
Vergiftung des öffentlichen Lebens sich steigert wie zeitweise in
Frankreich; immerhin sind auch in Italien nach dieser Richtung