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gemeinsam mit den katholischen Kantonen der deutschen Schweiz,
jeden Anlass benützen, um der Bundeseinheit Schwierigkeiten
und Hemmnisse zu bereiten, hat Verf. wohl nicht in einer der
thatsächlichen Wichtigkeit dieses Momentes für die schweizerische
Entwickelung entsprechenden Weise gewürdigt: viele Referendums-
sprüche erklären sich nur aus diesem französisch-ultramontanen
Kantonal-Partikularismus. Auch in der Beurteilung der schweize-
rischen Parteiverhältnisse vermag Ref. dem Verf. nicht völlig
beizustimmen. Noch vor kurzer Zeit war der Gegensatz der
Parteien in der Schweiz, sowohl für eidgenössische als für kantonale
Dinge, überaus scharf und die Parteiherrschaft in den Kantonen
eine ganz einseitige und ausschliessliche. Dass diese Gegensätze
sich gemildert haben, wird richtig sein und was Verf. hiefür zur
Begründung anführt, ist sehr interessant. Es ist ohne weiteres
einleuchtend, dass das Referendum, vermittelst dessen das letzt-
entscheidende Wort in der Gesetzgebung immer dem Volk selbst
gebührt und das jetzt die gesamte schweizerische Gesetzgebung,
ausgenommen nur Freiburg, beherrscht, die Verantwortlichkeit
der Volksvertreter wesentlich mindert (II 8. 276) und damit
den Wahlen dieser Vertreter den scharfen Stachel der Gegen-
sätze nimmt (II S. 326). Dazu kommen noch andere Momente,
die nach gleicher Richtung wirkten, insbesondere Fehler der
herrschenden Parteien, die diese zu grösserer Vorsicht und Un-
parteilichkeit nöthigten, um ihren Einfluss im Volke zu behaupten.
So sind die Parteigegensätze in den zwei letzten Jahrzehnten
gewiss milder geworden; aber Verf. urteilt doch zu optimistisch,
wenn er diese Gegensätze fast verschwunden glaubt und den eid-
genössischen Bundesrat wie die Kantonalregierungen Behörden
der Arbeit nennt, die mit der Politik nichts zu thun hätten
(IL S. 200, 228). Die alten Parteien und ihre Gegensätze be-
stehen doch fort; die Mehrheitspartei führt durch ihre gewählten
Mitglieder die Regierung, wobei man nur thatsächlich eine gewisse
Minoritätenvertretung z. B. im eidgenössischen Bundesrate an-