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Reich wie in den Einzelstaaten; sie umfassen fast ein Drittel
des ganzen Werkes (I 8. 232—376, II S. 1—67). Die deutsche
staatsrechtliche Litteratur kennt und beherrscht Verf. vollständig;
das deutsche Staatsleben findet in ihm einen anerkennenden und
scharf beobachtenden Kritiker. Warum freilich Verf. die sämt-
lichen Kleinstaaten behandelt hat, vermögen wir nicht einzusehen;
für eine Betrachtung von hoher Warte, wie es diejenige des Verf.
ist, erscheint dies unter den heutigen Verhältnissen als Zeit- und
Raumverschwendung: „one feels in examining this complicated
mechanism, as if he were studying entomology with a micros-
cope* (I 8. 359).
In Betrachtung der deutschen Dinge erinnert Verf. an das
Wort Napoleon’s I.: in 50 Jahren werde Europa entweder repu-
blikanisch oder kosakisch sein; einer der Hauptgründe, weshalb-
diese Prophezeiung nicht in Erfüllung gegangen sei, sei die Auf-
richtung des Deutschen Reiches (I S. 234'). Ein schönes Wort,
das wir gerne festhalten. Die der Errichtung des Reiches vor-
angehende Entwickelung schildert Verf. in kurzen Zügen und in
richtiger Betonung der Hauptgesichtspunkte?; mit Recht betont
er, dass man erst seit 1813 von einem deutschen Nationalgefühl
sprechen könne (I 8. 236), dass die viermonatliche Beratung der
Grundrechte in der Paulskirche die beste Zeit für Lösung der deut-
schen Frage habe verloren gehen lassen (I S. 237), dass die beiden
Hauptmomente der endgiltigen Lösung der deutschen Frage der
preussisch-deutsche Zollverein und die Persönlichkeit Bismarck’s
gewesen seien. Der welthistorischen Grösse Bismarck’s wird Verf.
32 Nebenbei bemerkt: Das alte Ordensland Preussen war nie „Grand
Duchy“ (I 8. 232), sondern nur Herzogtum. Bismarck war in seinen Anfängen
nicht „Count“ (I S. 238). Der Zollverein umfasste auch zuletzt nicht „all the
German states“ (I S. 238), vielmehr gehörten ihm beide Mecklenburg, Holstein
und die Hansastädte nicht an. Den süddeutschen Staaten wurde 1866 nicht
freigelassen, „to join the North German Confederation or &c.“ (IS. 241): im
Gegenteil, dies wurde infolge der Intervention Napoleon’s III. ausdrücklich
ausgeschlossen.