Full text: Archiv für öffentliches Recht.Dreizehnter Band. (13)

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im ganzen gerecht; dass ihm bei dem Namen Bismarck nicht 
wie uns das Herz höher schlägt, mögen wir bei dem Republikaner 
gegenüber der gewaltigsten Persönlichkeit des monarchischen 
Prinzipes in der Neuzeit verstehen. Auch dass Verf. die land- 
läufige Behauptung übernimmt, Bismarck habe für sich das Amt 
des Reichskanzlers mit einer Fülle von Machtbefugnissen aus- 
gestattet, wie dies sonst nirgends in der „christlichen“ Welt der 
Fall sei (II S. 7), begreifen wir; richtig ist ja die Behauptung ab- 
solut nicht: Verf. ist mit der preussischen Entwickelung der Stein- 
Hardenberg’schen Periode nicht vertraut, wie sich dies auch in 
den Erörterungen über die Selbstverwaltung zeigt; sonst hätte er 
bei seinem scharfen Blick für staatsrechtliche Dinge alsbald er- 
kannt, dass das von Hardenberg in der Verordnung vom 27. Okt. 
1810 geschaffene Staatskanzleramt formell eine weit grössere 
Machtstellung bot als das Amt des heutigen deutschen Reichs- 
kanzlers. — Auch darüber ist Verf. sich völlig klar, dass unser 
heutiges Reich das Ergebnis preussischer Arbeit und preussischer 
Opfer ist; das Endresultat dieser Arbeit liegt nur formell im Jahre 
1870, materiell im Jahre 1866; die häufigen Bemerkungen über 
Preussens Uebergewicht im Reiche sind immer nur unter dieser 
Voraussetzung, sowie unter Berücksichtigung des grossen that- 
sächlichen Uebergewichts Preussens an Länderumfang und Bevöl- 
kerungszahl gerechtfertigt. Wenn Verf. z. B. bemerkt (TS. 246): 
dass es kaum zuviel gesagt sei, wenn man behaupte, Preussen 
regiere Deutschland mit dem Rat und Beistand der anderen 
Staaten — so wäre dies in der That das richtige Ergebnis des 
welthistorischen Entwickelungsprozesses; thatsächlich trifft aber 
der Satz nicht vollkommen zu. Grosse und wohlverdiente An- 
erkennung zollt Verf. zu unserer Freude dem preussischen Be- 
amtentum, das, kärglich besoldet und dennoch unlauteren Prak- 
tiken unzugänglich, seit Friedrich Wilhelm I. das Höchste geleistet 
hat, was ein Staat von seinen Beamten an strengster und gewissen- 
haftester Pflichterfüllung nur fordern kann: „Its members are intelli- 
Archiv für Öffentliches Recht. XII. 2. 18
	        
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