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Der Zwang in der deutschen Arbeiterversicherung.
Von
Stadtrat H. vow FRANKENBERG in Braunschweig.
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Die Frage, ob die Versicherung der Arbeiter gegen Unfälle,
Erkrankungen und andere wirtschaftliche Nachteile im Wege des
allgemeinen Zwanges durchzuführen oder besser der freiwilligen
Entschliessung der Beteiligten zu überlassen sei, ist schon zu
einer Zeit, als sich kaum die ersten Anfänge des staatlichen
Eingreifens auf diesem Gebiete fühlbar machten, wiederholt be-
sprochen. In den Vordergrund der Erörterung ist sie aber neuer-
dings durch den IV, internationalen Kongress für Arbeitsunfälle
und Sozialversicherung gerückt, welcher vom 26.—31. Juli 1897
in Brüssel tagte. Im Gegensatze zu der hauptsächlich von bel-
gischer, englischer und französischer Seite verfochtenen Meinung,
welche in der Arbeiterselbsthülfe das beste Heilmittel gegen
Schädigungen des Verdienstes erblickt, haben die Vertreter von
Deutschland, Italien, Oesterreich und der Schweiz, denen be-
merkenswerter Weise auch einzelne Teilnehmer aus den übrigen
Ländern und selbst aus dem Stammlande der Manchester-Lehre
zustimmten, die grossen Vorteile des staatlich geordneten Ver-
sicherungszwanges mit nachdrücklichem Hinweis auf dessen sicht-
bare Ergebnisse hervorgehoben.
! Vgl. „Soziale Praxis“, VI. Jahrg., No. 45 Sp. 1102ff., „Arbeiterversor-
gung“ Bd, 14 S. 422.