Full text: Archiv für öffentliches Recht.Dreizehnter Band. (13)

— 279 — 
In der That darf, nachdem jetzt ein volles Dutzend von 
Jahren verflossen ist, seit neben einander die Kranken- und die 
Unfallversicherung im Deutschen Reiche unter Anwendung des 
Zwanges wirksam sind, nachdem ferner auch das „Klebegesetz“ 
einen siebenjährigen Krieg mit seinen zahlreichen Widersachern 
überdauert hat?, bei einem Rückblick auf die Erfahrungen, die 
man mit den drei Einrichtungen gemacht hat, der an die Adresse 
der Reichsregierung gerichtete Vorwurf eines schädlichen Ein- 
greifens in private, der staatlichen Regelung entzogene Wirtschafts- 
und Rechtsgebiete als unbegründet bezeichnet und für das Er- 
zeugnis einer rückständigen sozialpolitischen Auffassung erklärt 
werden, die mit der Entwicklung der heutigen Arbeiterverhält- 
nisse nicht in Uebereinstimmung zu bringen ist. 
Bei Erlass des ersten der deutschen Zwangsfürsorge-Gesetze, 
des Krankenversicherungsgesetzes, hat es allerdings sehr ein- 
gehender Erörterungen bedurft, um der Schwierigkeiten Herr zu 
werden, welche sich aus der damals noch besonders starken Ver- 
teidigung des Freiwilligkeitssystems ergaben. Die Gesetzesmotive? 
führten aus, die anzustrebende allgemeine Durchführung der Ar- 
beiter-Krankenversicherung könne auf dem bisher von der Gesetz- 
gebung eingeschlagenen Wege nicht erreicht werden; weder die 
in 88 141ff. der R.-Gew.-O. (Fassung v. 8. April 1876) fakultativ 
zugelassene statutarische Anordnung eines Krankenversicherungs- 
zwangs für gewerbliche Gesellen, Gehülfen und Fabrikarbeiter, 
von der verhältnismässig nur sehr wenige Ortsbehörden* und gar 
keine „weiteren Kommunalverbände* Gebrauch gemacht hätten, 
noch die aus dem Reichsgesetze vom 7. April 1876 über die ein- 
geschriebenen Hülfskassen sich ergebende Möglichkeit, dass die 
? Das Krankenversicherungsgesetz ist gemäss seines $ 88 seit dem 
1. Dez. 1884 in Kraft; das Unfallversicherungsgesetz ($ 111 desselben) seit 
dem 1. Okt, 1885 (Kaiserl. Verordnung vom 235. Sept. 1885, R.-G.-Bl. S. 271); 
das Invaliditäts- und Altersversicherungsgesetz seit 1. Jan. 1891. 
3 No. 14 der Reichstagsdrucksachen, 5. Legislaturperiode, 2. Session 1882. 
* Bis zum Schlusse des Jahres 1883 nicht mehr als 360. .
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.