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auf das Versicherungsverhältnis nicht abstreiten kann: der Spruch
der zuständigen Gerichts- oder Verwaltungsbehörden ($ 58) im
Streitverfahren. Die rechtskräftigen Entscheidungen, und ebenso
der unter aufsichtsbehördlicher Autorität geschlossene Partei-
vergleich, schneiden die Erörterungen späterer Instanzen, an
welche dieselbe Sache gelangen könnte, endgültig ab. Einem
einfachen Vergleiche trage ich Bedenken, dieselben Rechts-
wirkungen beizulegen: ein sparsamer Kassenführer möchte sich
sonst gar zu leicht versucht fühlen, unkundige Versicherte gegen
Gesetz und Billigkeit in ihren Ansprüchen zu drücken, während
doch öffentlich-rechtliche Verpflichtungen der Privatwillkür ent-
zogen sind®,
Bei der Unfallversicherung ist der Zwang ebenfalls in
weitgehendem Masse angewendet, um auf breitester Grundlage
die Belastung der Unternehmerverbände mit der ausgiebig ge-
währten Unterstützung Verunglückter und ihrer Hinterbliebenen
sich vollziehen zu lassen.
Und doch ist in einem sehr wesentlichen Punkte grosse Frei-
heit eingeräumt, als man an die Gründung und Einrichtung der
Berufsgenossenschaften und der ihnen gleichstehenden Versiche-
rungsverbände herantrat: die Art der Einteilung der Betriebe,
die Abgrenzung nach den verschiedenen Industriezweigen, und
nur ergänzend nach den vorhandenen staatsrechtlichen Bezirken
(Bundesstaaten, Provinzen u. s. w.) ist so wenig bureaukratisch
gedacht, hat sich den Wünschen und Anträgen aus beteiligten
Kreisen so sehr angeschlossen, als dies nur irgend angängig war.
In dieser Hinsicht haben sich die Vorschriften in 88 12ff. des
Unf.-Vers.-G., welche die freiwillige Bildung der Berufs-
genossenschaften auf dem Wege der Vereinbarung der Betriebs-
unternehmer mit Zustimmung des Bundesrats in den Vordergrund
gestellt und nur im Notfalle, d. h. bei mangelnder Regsamkeit
15 „Arbeiterversorgung“ Bd. 14 S. 208. Vgl. hierüber auch unten bei
Anm. 54.
Archiv für öffentliches Recht. XII. 2. 19