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Gebiete des Bauwesens praktische Erfahrungen sammelten und
deshalb am zweckmässigsten zu beurteilen verstehen, worin der
Grund zu den offenbaren Schäden in dem Baugewerbe zu finden
sei, was demselben not thut und wie dem Notstande abgeholfen
werden könne, ohne aus dem Regen unter die Traufe zu gelangen.
Letzteres würde jedoch der Fall sein, wenn entweder das Kapital
sich von der Grundstücksbeleihung zurückzieht, oder das Bau-
geschäft den selbständigen Baugewerksmeistern entzogen und den
Grundkreditbanken oder Baubanken überliefert würde.
Was nun den bekanntgewordenen Gesetzentwurf anlangt, so
ist bei Prüfung seiner praktischen Verwertbarkeit scharf in das
Auge zu fassen, wie die Verhältnisse sich in Wirklichkeit gestalten
müssen. Das in Aussicht genommene Vorzugsrecht der Werk-
lohnhypothek vor anderen hypothekarischen Eintragungen würde
zwar nicht der Form, aber der Sache nach zu Hypotheken führen,
welche, ohne selbst dem Eintragungsprinzipe unterworfen zu sein,
eingetragenen Hypothen und Grundschulden vorgingen und damit
zu einem Bruche mit dem Eintragungsprinzipe gelangen, was den
öffentlichen Glauben des Grundbuches umstossen und die hypo-
thekarische Sicherheit vollständig gefährden muss. So stark auch
die Pflicht der Staatsgewalt ist, den wirtschaftlich Schwächeren
gegen Vergewaltigung durch den wirtschaftlich Stärkeren zu
schützen, so verbieten sich dennoch Massnahmen, welche auf
diesem Gebiete nicht bereits als zweckdienlich erprobt wurden,
deren Durchführung aber weit folgenschwerere Gefahren in sich
birgt. Die Expertise des rheinisch-französischen Rechtes, welche
die Abschätzung eines Grundstückes vor Inangriffnahme und nach
Beendigung einer geplanten Bauausführung vorsah und an der
auf diesem Wege ermittelten Wertsteigerung den Werkmeistern
ein Befriedigungsobjekt für ihre Forderungen. zugestand, hat
praktisch sich wenig bewährt. Deshalb wurde sie auch von den
Verfassern des Bürgerlichen Gesetzbuchs von vornherein auf-
gegeben. Denn sie vermochte nicht das Kapital für Beleihung
von Neubauten geneigt zu machen, kennzeichnet sich vielmehr
blos als ein schwacher Schutz der bei der Bauausführung wirt-
schaftlich beteiligten Bauhandwerker gegen Werklohnverluste.