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der Gewerbefreiheit nach $ 1 Gew.-O. liegt jedenfalls, dass in dem Betriebe
eines Gewerbes — soweit nicht reichsrechtlich Ausnahmen gemacht oder zu-
gelassen sind — allein für sich (mithin vorbehältlich der Prüfung ander-
weiter Gefahren z. B. aus bau- oder feuerpolizeilichen Gründen) keine Gefahr
für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erblickt werden darf. Das ist
das Reale an den sog. Freiheitsrechten, dass sie, verfassungsmässig garantirt,
die Gesetzgebung, durch Gesetz gewährleistet, die Verwaltung binden. Bei
Beachtung dieser Grundzüge wird man zu einem rechtlich begründeten und
auch praktisch brauchbaren Ergebnisse kommen, das übrigens sowohl mit
den Ausführungen SerpeL’s und BoRNHAK's, wie auch im Wesentlichen mit
denen BIERMANN’s sich decken wird. Vermieden wird aber die bedenkliche
Unterscheidung des Letzteren nach den betroffenen Subjekten, wer nämlich
Adressat der Norm sei.
Auf die folgenden Ausführungen, welche die polizeilichen Beschrän-
kungen der Gewerbe im Allgemeinen (S. 36f.), sowie solche des Gewerbe-
betriebs zu Gunsten der gewerblichen Arbeiter (S.47f.) behandeln, kann
hier nicht näher eingegangen werden. Meist sind die Ergebnisse, zu denen
Verf. gelangt, zu billigen. Besonders sei auf die Behandlung der Gesund-
heitsgefährdung durch üble Dünste (S. 37), der Vermögensgefährdung durch
lärmende Gewerbe (S. 41), sowie auf die polizeilichen Bestimmungen betreffs
der Sonntagsruhe (S. 52f.) hingewiesen.
Ein zweites Kapitel trägt die Ueberschrift: Polizei und Privateigenthum.
Bei Feststellung der Prinzipien geht BıEerRMAnn von dem gewiss richtigen
Satze aus, dass der Eigenthumsbegriff nicht spekulativ, auf Grund „juristischer
Phantasien“, gewonnen werden dürfe, dass vielmehr Eigenthum das sei, was
das positive Recht als Eigenthum ansehe. Sonach ist auch Nichts dagegen
einzuwenden, wenn BiERMAnN den Eigenthumsbegriff getrennt nach Landrecht,
Code civil und gemeinem Rechte untersucht: wobei er freilich nach allen drei
Systemen zu dem gleichen Ergebnisse kommt, dass kein Rechtssatz ver-
hindere, durch Polizeiverordnung oder Polizeiverfügung auf das Eigenthum
einzuwirken. So wenig wie ich auch diesem Ergebnisse und vornehmlich der
S. 124 wiedergegebenen Formulirung des Oberverwaltungsgerichts wider-
sprechen kann, so sehr muss doch betont werden, dass die Prämisse des
Verf. insoweit unannehmbar ist, als er für den Begriff des Eigenthums nur
die Legaldefinitionen gelten lässt. Non ex regula ius sumatur, sed ex iure
quod est, regula fiat. Allerdings ist aus den positiven Rechtssätzen der Be-
griff des Eigenthums von der Wissenschaft zu entwickeln, nicht aber ist eine
Legaldefinition hierbei ohne Weiteres hinzunehmen. Der Gesetzgeber hat
nicht den Beruf, Dogmen aufzustellen — thut er es doch, wird die Kritik
dieselben verwerfen dürfen, falls die zweifellos aufgestellten Rechtssätze mit
diesen Formulirungen nicht stimmen wollen.
Von besonderer Wichtigkeit sind sodann die Einzelausführungen über
die das Grundeigenthum betreffenden Polizeivorschriften, vornehmlich bei