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wünschenswerth, ja geboten erscheine. Es geschieht dies in drei, wohl nicht
ganz klar gegliederten Abschnitten (8. 1—99). Daran schliesst sich eine
Beilage (8. 103—222), die eine historisch-statistische Uebersicht der gesetz-
lichen Bestimmungen gibt, die in den Einzelstaaten von der Gründung der
Union bis in die Neuzeit die Stimmberechtigung geregelt haben. Diese, bei
dem ständigen Wechsel der Verfassungsbestimmungen und der Zahl (44)
der in Betracht kommenden Staaten mühevolle Arbeit ist mit Dank zu be-
grüssen, wie denn überhaupt die Darstellung des Wahlproblems in der grossen
Republik von grösstem Interesse ist. Ist ja doch gerade in den letzten
Jahren eine Unsumme von kritischen Bemerkungen zur Wahlfrage produzirt
worden, und fehlt es doch den Verf. nicht selten an der hier besonders
nothwendigen Kenntniss der Erscheinungsformen, die dieses Problem bereits
anderwärts angenommen hat. So wird es denn die Freunde der „natur-
rechtlichen“ gleichen und mathematisch abgezirkelten Regelmässigkeit viel-
leicht erstaunen, wie mannigfaltig die gesetzlichen Bestimmungen jenseits des
Ozeans sind: Census (horribile dictu!), Eidesleistung, einjährige Residenz, Lese-
qualifikation etc. werden bald gefordert, bald nicht, ebenso sind die Ausschlies-
sungsgründe (Geschlecht, Delikte, Armuth, Rasse etc.) verschieden normirt.
Es ist zu bedauern, dass nicht eine Darstellung der Normen der Wähl-
barkeit (passives Wahlrecht) hiemit verbunden worden ist. Bildung und
Zusammensetzung der Volksvertretung sind ja ein Produkt beider Faktoren.
Auch wäre die versuchte juristische Erfassung des Gesammtverhältnisses von
Central- und Einzelstaat, die ja weit über das behandelte Einzelproblem
hinausgeht, wohl ebensogut weggeblieben. Desgleichen hoffe ich, dass die
S. 77 präkonisirte Werthung der „öffentlichen Meinung“ in Deutschland nicht
allzu viele Gesinnungsgenossen antreffen möge.
Heft 5. Conrad Bornhak, Einseitige Abhängigkeitsverhältnisse
unter den modernen Staaten. V u. 728. M. 1.80.
Der Verf. will nicht die früheren Rechtsformen staatlicher Abhängig-
keit eingehend erörtern, das ungleiche Bündniss im Alterthum, die Lehns-
abhängigkeit im Mittelalter, sondern die völkerrechtlichen Abhängigkeits-
verhältnisse der modernen Staatenwelt. Er weist durch eine gedrängte lit-
terarische Uebersicht nach, dass die wissenschaftliche Litteratur noch keines-
wegs zu einem abschliessenden Ergebnisse hinsichtlich des Wesens der ein-
seitigen staatlichen Abhängigkeitsverhältnisse gekommen ist. Neben vor-
wiegend politischer Konstruktion erhält sich auch der unklare Begriff der
Halbsouveränetät hartnäckig, dem gegenüber der von JELLINEK vorwiegend
ausgehende Versuch steht, durch Einfügung des Begriffs nicht souveräner
Staaten eine befriedigendere Lösung anzubahnen. Die Untersuchung der
nach den Gruppen der vollständigen Inkorporation, der Protektion, des
Protektorats, der Suzeränetät, der unvollkommenen 'Inkorporation, der
Accession gegliederten Abhängigkeitsverhältnisse der modernen Staaten-