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schen Verhältnisses lediglich von Individuum zu Individuum, die persön:-
liche Berechtigung und Verpflichtung der Staatsorgane einerseits, die Fähig-
keit eben dieser Organe, innerhalb ihrer Kompetenz zu sagen: l’&tat c’est
moi, d.h. ihre Handlungen als solche des Staates geachtet zu sehen, anderer-
seits (S. 99). Es dürfte überhaupt nicht schwer fallen, allerhand Parallelstellen
hiezu aufzufinden, so namentlich in der verschiedenen Anwendung des Or-
ganismus-Begriffs. Von diesem kann man wirklich sagen: desinit in piscem,
nachdem seine anfängliche Verwendung den Organologen Freude zu machen
versprach. Bei dieser Unausgeglichenheit gährender Ansichten ist es nicht
zu verwundern, dass das für den Staatswillen wichtige Problem der subjek-
tiven Zwecksetzung des Gesetzgebers in ihrem Verhältniss zu dem objektiven
Normwillen, überhaupt nicht zur Apperzeption kommt; ebensowenig, wie
subjektives und objektives Interesse geschieden werden.
So fürchten wir denn, dass auch fürderhin die mit Spezialfragen des
öffentlichen Rechts beschäftigten Gelehrten eine ungenügende allgemeingültige
Feststellung der Grundbegriffe dieser Wissenschaft beseufzen werden.
L. von Suvigny.
Dr. jur. Friedrich Zenk, Königl. bayr. Oberstabsauditeur und Richter am
Königl. Militärbezirksgerichte Würzburg. Die Oeffentlichkeit im
Militärstrafprozesse. 3. Aufl. Berlin, Heymanns Verlag, 1897.
XVI u 3088. M. 6.—.
Die erste Auflage des Buches erschien 1893, die zweite erweiterte 1897;
nun ist die wenig geänderte dritte Auflage gefolgt. Dieser äussere Erfolg
ist verdient; das Buch ist eine interessante wertvolle Monographie. Frei vom
politischen Schlagwort, sachlich und wissenschaftlich verlangt der Verf. für
das Militärstrafverfahren eine „nach Gestalt der militärischen Notwendigkeiten
beschränkte Oeffentlichkeit*. — Einleitend, um darzulegen, welche Bedeutung
der zu untersuchenden Frage innewohnt und wie und in welchem Umfange
die militärgerichtliche Oeffentlichkeit allenthalben, speziell in der Fachlitteratur
verlangt wird, behandelt er im I. Kapitel die Oeffentlichkeit im Mili-
tärstrafprozesse und die Öffentliche Meinung. Das II. und III. Ka-
pitel enthalten allgemeine Betrachtungen über Oeffentlichkeit im
Strafverfahren überhaupt undim Militärstrafverfahren im besonderen.
Massgebend ist dem Verf. vor allem der rechtliche Gesichtspunkt. Die
Oeffentlichkeit gilt ihm grundsätzlich als eine Einrichtung des Rechts; auch
für den Militärstrafprozess sei sie geboten, um so mehr, da die Söldner- und
Milizheere durch die stehenden Heere verdrängt und diese nach Einführung
der allgemeinen Wehrpflicht wichtige nationale Glieder im Staatswesen ge-
worden sind. Dabei wird mit Recht betont, dass der Militärstrafprozess
zwar mit dem bürgerlichen Verfahren im lebendigen Zusammenhange stehen
müsse, gleichwohl eine „im militärischen Selbstleben wurzelnde Gestaltung“
verlange. — Der wissenschaftliche Schwerpunkt des Buches liegt im IV. und