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Kriegsartikel für die Armee des Parlaments galten. Die älteren
Kriegsartikel sind ausserordentlich streng gehalten; nahezu alle
Delikte werden mit dem Tode oder doch mit Verstümmelungs-
strafen bedroht. Allmählich näherten sich die Kriegsartikel in-
haltlich den modernen Bestimmungen. Die im Laufe der Zeit
eingetretenen Aenderungen sind indessen nicht derartige gewesen,
dass der Zusammenhang zwischen den heutigen und früheren
Vorschriften verloren gegangen ist. Die Artikel vom Jahre 1672
bilden noch heute die Grundlage, und es bedarf keiner besonderen
Mühe, um die modernen Vorschriften auf die im Jahre 1672 er-
lassenen zurückzuführen.
An Versuchen, auch für Friedenszeiten ein Militärrecht zu
schaffen, hat es bereits vor dem Jahre 1689 nicht gefehlt. Die
Krone war mehrfach bemüht, auf Grund eines Hoheitsrechts
militärische Disziplinarvorschriften für Friedenszeiten aufzustellen.
Die im Jahre 1627 unterbreitete Petition of Right kennzeichnete
die Versuche indessen als verfassungswidrige, und 1640 wurde
gerichtlich festgestellt, dass ein Militärrecht nur auf eine Truppe
anwendbar sei, welche sich in der Nähe des Feindes befinde. Im
Parlament wurde ferner versichert, dass die Kriegsartikel vom
Jahre 1672 nur über See Anwendung fänden, und man limitirte
die Geltung der 1685 erlassenen Artikel ausdrücklich auf die
Dauer der damaligen Rebellion. Bis zum Jahre 1689 wurde die
Aufrechterhaltung der militärischen Disziplin in Friedenszeiten
nur durch vereinzelte Gesetze erleichtert, welche vor den bürger-
lichen Gerichten zu erzwingen waren. Diese Gesetze bedrohten
die Desertion mit Strafe und erklärten die ungehörige Entlassung
von Soldaten für strafbar.
Das Bedürfniss nach einem Militärrecht in Friedenszeiten
machte sich mit der Formirung einer stehenden Armee geltend,
welche zuerst im Jahre 1660 gebildet wurde. Das Parlament
duldete eine Zeit lang die von der Krone erlassenen Disziplinar-
vorschriften, sanktionirte im Jahre 1689 die stehende Armee und