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daraus abzuleitenden Einflusse auf spätere Civilprozesse über
einschlagende Fragen aber das Augenmerk meines Wissens noch
gar nicht zugewandt hat. Ueberhaupt ist Ausbau und Ent-
wicklung der Rechtssätze bei der sehr stückweise entstehenden
preussischen Gesetzgebung über Verkoppelungssachen, auf
die ich mich im Folgenden beschränken will, im Wesentlichen,
soweit ich sehe, der Praxis überlassen geblieben, deren Kraft
zwar, wie O. BAEHR so treffend sagt, „in der Entscheidung des
konkreten Falles liegt“, wogegen aber Theorien zu entwickeln
nicht ihre Sache ist; daher sie denn nicht selten ein ganz
anderes Recht unbewusst ausspricht, als sie theoretisch
im Munde führt?®. Die Literatur über diesen Rechtsstoff stammt
durchweg von Praktikern, bei denen, trotz klarer Anschauung
der wirklichen Bedürfnisse des Rechtsverkehrs, mannigfach etwas
abgestandene und auf anderen Rechtsgebieten längst überwundene
Begriffe aushelfen mussten; regelmässig oder vielfach ja auch ge-
nügten. Dass aber die zum Theil mangelnde Erkenntniss des
wahren juristischen Wesens des Verkoppelungsverfahrens auch zu
Verkehrtheiten führte — was bei schiefer juristischen Grundauffas-
sung in der That unausbleiblich ist —, dafür wird die hier folgende
Erörterung zunächst ein auffälliges Beispiel an die Hand geben.
Wenn ich nun, im Gegensatze zu der bislang festgehaltenen
Konstruktion des Verkoppelungsverfahrens, wie sie sich auf den
Wortlaut der Gesetze gegründet und von anerkannten Autori-
täten getragen wird‘, zum Nachweise des vorangestellten Satzes
8 „Rechtsmittel zweiter Instanz“ S. 25. Fast noch besser passen seine
Worte in Bd. II S. 373 der „Jahrb. f. Dogmatik“: „Ganze Lehren entstehen
lediglich unter seinem Einflusse [des praktischen Rechtsbewusstseins] und
werden annähernd richtig gehandhabt ohne zureichende oder sogar unter
der Firma einer positiv falschen Theorie; und selbst da, wo theoretische
Irrthümer zu einer gewissen Herrschaft gelangt sind, pflegt doch das prak-
tische Rechtsbewusstsein einen ständigen Guerillakrieg wider sie fortzuführen.“
* Vgl. darüber HouzarreL, Das Privatrecht im preussischen Aus-
einandersetzungsverfahren 8. V unten.