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Ausserdem muss es doch höchst auffällig erscheinen, dass man
eine obervormundschaftliche Prüfung für ein Ergebniss verlangen
sollte, das durch sorgfältigste und unparteiisch abwägende
Sachuntersuchung einer anderen Staatsbehörde gewonnen ist;
wo andererseits ein Vormund (nach preussischem Recht) im
Civilprozesse mit Verhandlungsmaxime, d. h. mit Selbst-
verantwortlichkeit für sein Vorbringen an Behauptungen, Rechts-
behelfen und Beweismitteln, nicht solcher Oberaufsicht unter-
stebt®; und wo es endlich keineswegs klar ist, wie einerseits denn der
SS 53, 57 lehrt dasselbe. — Wenn in der folgenden Erörterung die frei-
willigen Erklärungen, Vereinbarungen und Anträge der Betheiligten mehr
in den Hintergrund treten, so ist damit ihre Bedeutung und Wichtigkeit
keineswegs verkannt; der Zweck meiner Beweisführung macht es aber nöthig,
den Hauptnachdruck auf die Zwangsnatur des Verkoppelungsverfahrens zu
legen!
® Die zum Rezesse führenden freiwilligen Erklärungen der Betheiligten
(s. Anm. 7), die meines Erachtens nur als einseitige, an die Staats-
behörde gerichtete Willensäusserungen Öffentlich-rechtlicher
gar als „Vergleich“. So DERNBURG, Preussisches Privatrecht Bd. I S. 483
(2. Aufl.) und HoLzarreL a. a. O. S.49, 50: „Der Vergleichsbegriff ist mit
dem Rezess nicht unvereinbar, wenn letzterer von sämmtlichen Betheiligten
vollzogen ist“; es könne „der Rezess die Natur des Vergleichs allerdings
haben“: aber es sei „Frage des einzelnen Falles — ob ein Vergleich vor-
liegt oder nicht“. Im Uebrigen will HorzapreL den Rezess — genauer, wie
ich eben andeutete, die seine Grundlage bildenden Erklärungen — als „Ver-
trag“ auffassen (S. 42ff.).. — Nun ist es zwar richtig, dass ein Vergleich
im Civilprozesse nach der auch im B. G.-B. $ 1822 No. 12 wiederholten Vor-
schrift der preussischen Vormundschaftsordnung und trotz $ 52 der C.-P.-O.
zu seiner Gültigkeit der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung bedarf
(obwohl auch das nicht unbestritten ist: SEUFFERT, Kommentar, 7. Aufl., zu
$52; meine Schrift: Ermittlung und Feststellung des Sachverhalts im Civil-
prozesse S. 12 Anm. 2 und Erläuterungen zur preussischen Vormundschafts-O.
8. 65). Von einem derartigen Vergleiche könnte aber doch, obwohl offenbar
keiner der Betheiligten einen Streit oder die Ungewissheit über ein Rechts-
verhältniss „im Wege gegenseitigen Nachgebens* (B. G.-B. $ 779) zu
beseitigen versucht oder sich mit einem anderen „vergleicht“, überhaupt
nur im „Streitverfahren“ vor der Generalkommission in dessen engeren
Sinne (vgl. $ 97 Abs. 2 des Gesetzes von 1880 und Schluss des Abschnitts