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nächst etwas auffällige Verweisung dieser Klagen?® an die ordent-
lichen Gerichte bei der jetzigen Lage der Gesetzgebung kaum
zu beanstanden, da hierbei ausser der Lehre vom Rezess als
„Vergleich“ oder „Vertrag“ zweifellos der Mangel an aus-
reichenden Gesetzesbestimmungen über eine anderweitige Zu-
ständigkeit die Veranlassung ist. Trotzdem erscheint mir die
der ordentlichen Gerichte wenig empfehlenswerth, da nach Erlass
des Gerichtsurtheils auf „Aufhebung“ des Rezesses die Sache
dann doch wieder an die Agrarbehörde zurückgeht oder doch
regelmässig zurückgehen muss.
Soviel über den juristischen Charakter jener wesentlichsten
Willenserklärungen, die die Betheiligten im Verkoppelungs-
verfahren abgeben.
Zu ihnen tritt nun in der behördlichen Bestätigung des
Rezesses, die das Ergebniss des ganzen Verfahrens von
Obrigkeitswegen zusammenfasst, ein rechtschaffendes Mo-
ment öffentlichrechtlicher Natur hinzu, das dann der Ver-
tragstheorie völlig den Boden entzieht; der Rechtsakt einer
Staatsbehörde, wie er oben schon bezeichnet wurde, der nicht
nur eine vollstreckbare Urkunde schafft — was ja auch das
Amtsgericht und der Notar bei Verträgen vermöchten: O.-P.-O.
8.702 No. 1, 2, 5 —, sondern der den Willen der Behörde an
Glauben an diese Zusicherung den Rezess, der von jenem Rechte aber nichts
enthält, unterzeichnet zu haben. Gewiss ein recht erbauliches Beispiel für
die „Anfechtbarkeit“ der Rezesse!
2° Nicht derjenigen, die in Anm. 15 erwähnt wurden. Auf die Zweifel
im Uebrigen, insbesondere die $$ 20, 22 der Verordnung vom 20. Juni 1817
gehe ich hier nicht ein. Vgl. PELTZEr a. a. O. S. 565; Pascake in Gruchot’s
Beiträgen Bd. XXXIX S. 624. Dass übrigens abweichende Auffassungen über
die Zuständigkeit der Gerichte überhaupt bestanden haben, zeigt der im
preussischen Justizministerialblatte 1852 8. 103 (Urtheil des Kompetenz-
konfliktsgerichtshofs vom 22. Nov. 1851) mitgetheilte Bescheid der Minister
für Handel und Gewerbe und für Justiz vom 26. Okt. 1833, den jenes Ge-
richt aber nicht als für sich verbindlich erachtete. Ferner das Urtheil des-
.selben Gerichtshofes vom 9. April 1864 (a. a. O. 1864 S. 279—284).