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soweit ich sehen kann, den 88 130—135 der C.-P.-O. noch immer
nicht in Praxis wie in Theorie ihr volles Recht zugestanden wird.
— Die deutliche Herausstellung dieses Rechts und damit der
Pflicht, auf einen einschlagenden Rezess zurückzugreifen, ist aber
auch, von alle dem abgesehen, um ihrer selbst willen unerlässlich,
weil jede wissenschaftliche Klarstellung ihren Werth in sich trägt
und dann auch in vielen zunächst noch ungeahnten Fällen gute
Frucht bringt; und weil dem öffentlichen Rechte durchaus
auch an diesem Punkte zum Durchbruche und zu voller Entfal-
tung verholfen werden muss. —
Wende ich mich nunmehr zu der soeben vorbehaltenen
Erörterung, so ist zunächst zu beachten, dass der $ 284 No. 3
der O.-P.-O. erklärt, es sei der „Sach- und Streitstand auf der
(Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien“ darzustellen;
und dass im Anschlusse daran die civilprozessualische Wissen-
schaft durchweg mit aller Schärfe betont, der Entscheidungs-
stoff werde lediglich durch die Behauptungen der Parteien be-
schafft. So instar omnium PLAnck in seinem Lehrbuche Bd. I
S. 435: „Gegenstand der richterlichen Prüfung ist nur das, was
die Parteien zu dem Zwecke an Thatsachen — in den Verhand-
lungen — vorgetragen haben“; und ebenso Bd. II 8. 95 und
103. Man vgl. ferner die Citate in meiner Schrift „Ermittlung
und Feststellung des Sachverhalts im Civilprozesse* (1888)
S. 104 in der Anmerkung. Zwar wird daneben insbesondere
auch von Pranck (Bd. I S. 447) darauf hingewiesen°*, dass der
% Vgl. SeUFFERT, Kommenter zur Civilprozessordnung (7. Aufl.)
S. 188, 879; BIRKMEYER, Ztschr. f. Civilprozess Bd. VII 8. 155ff. und 375ff.
Allein auf das hier Besprochene wird dabei keine Anwendung gemacht.
S. 159 sagt BiRkmEYER: „Die Stoffsammlung [ist] völlig der Disposition der
Parteien unterstellt“; 8. 165: „Ueberall, wo die Feststellung eines Rechts-
verhältnisses im Öffentlichen Interesse liegt, kann sich auch der Civilprozess
nicht mit Herstellung blos formeller Wahrheit und formellen Rechts begnügen,
sondern muss materielle Wahrheit und materielles Recht erstreben; überall
muss hier demnach das Dispositionsprinzip cessiren und das Öffizialprinzip
an seine Stelle treten, muss mit anderen Worten das officium judicis nicht