Full text: Archiv für öffentliches Recht.Dreizehnter Band. (13)

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man die Restitutionsgründe der No. 7 im $ 543 zu solchen zählen, 
so hätte der Richter wenigstens die Pflicht, eine ihm bekannte 
Urkunde jener Art — also häufig auch einen einschlagenden 
Verkoppelungsrezess — wenigstens zum Gegenstand der Ver- 
handlung zu machen (nicht nur nach $ 130 der O.-P.-O. dessen 
Heranziehung nur anzuregen). Es bliebe aber fraglich, ob er ihn 
auch ohne oder gar gegen den Willen der Parteien als Urtheils- 
unterlage verwerthen dürfte. 
Alle aus dem Prozessgesetze etwa herauszusuchenden Aus- 
hülfen scheinen also zu versagen; es wird desshalb nichts Anderes 
übrig bleiben, als die den vertheidigten Satz rechtfertigende, Vor- 
schrift, wie dies ja auch von mir von vorneherein angedeutet und 
als möglich bereits dargethan wurde, ausserhalb der Prozess- 
ordnung selbst stehend anzusehen. 
Und wirklich spricht sich ja ganz unumwunden in seinem 
Sinne, freilich in sehr allgemeiner und desshalb nicht unmittelbar 
verwerthbarer Fassung die const. un. Cod. II, 11 mit den Worten 
aus: „Non dubitandum est, judicem, si quid a litigatoribus minus 
fuerit dietum, id supplere et proferre, quod sciat legibus et juri 
publico convenire.* Denn man wird sie dahin verstehen dürfen: 
soweit der, der Parteiverfügung an sich unterliegende privatrecht- 
liche Sachverhalt durch gewisse Thatsachen kraft (zwingenden) 
öffentlichen Rechts beeinflusst wird, hat der Civilrichter diese von 
Amtswegen in den Prozess einzuführen und bei seiner Ent- 
scheidung zu berücksichtigen. Damit wäre also ein Öffentlich- 
rechtlicher, ausserhalb der Civilprozessordnung und neben der 
Verhandlungsmaxime stehender, gemeinrechtlich noch gültiger 
Satz®® gefunden, der freilich, wie schon früher bemerkt, der 
3 Hr ist meiner Ansicht nach gemeines Öffentliches Recht, kein durch 
die Civilprozessordnung beseitigtes Civilprozessrecht. Aber auch ohne ge- 
meinrechtliche Gültigkeit im eigentlichen Sinne, die beim deutschen öffent- 
lichen Rechte überhaupt wohl nicht ganz unbedenklich, muss er als unent- 
behrlicher Bestandtheil jeden öffentlichen Rechtssystems angesehen werden!
	        
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