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nicht an positive Rechtsnormen sich anschliesst — der Frage
gegenüber: sie wird ihre Lösung aus der allgemeinen rechtlichen
Natur der Thatsachen abzuleiten suchen, welche bei der Vor-
nahme einer Eheschliessungshandlung seitens eines diplomatischen
Agenten oder Konsuls als erheblich in Betracht zu ziehen sind.
Dabei droht derselben allerdings die Gefahr, das, was als dem
Bedürfnis des internationalen Verkehrs entsprechend, wünschens-
wert wäre, auch als rechtlich begründet anzunehmen.
Als die herrschende Ansicht darf die bezeichnet werden,
welche die vor diplomatischen Agenten und Konsuln abgeschlos-
senen Ehen nur dann ol siltig erachtet, wenn der
Staat, in dessen Gebiet die 1 Eheschliessung vollzogen worden ist,
seine Zustimmung hiezu gegeben hat, sei es vertragsmässig, sei
es stillschweigend, durch konkludente Handlungen; in dieser
letzteren Beziehung wird insbesondere eine konstante Praxis der
Gerichte des Eheschliessungsstaates, welche die im Staatszebiete
vor tremden Agenten und Konsuly abgeschlossenen Ehen für
giltig erklärt, wenn auch vielleicht auf grund einer irrtümlichen
Rechtsanwendung, als Zustimmung des Staates zur. Vornahme
von Eheschliessungen seitens der Vertreter fremder Staaten gelten
müssen. Die herrschende Ansicht wird insbesondere vertreten
von F'. LAURENT, Droit civil international vol. IV p. 456; FIORE,
Journal XIII p. 404; Ormwı, Revue XV p. 229; STOCQUART
a. a. OÖ. p. 300; Zorn, Das deutsche Gesandtschafts-, Kon-
sular- u. Seerecht, Annalen des deütschen Reiches 1882, 8. 87;
v. MARTENS-BERGBOHM, Völkerrecht Bd. II S. 303, 304; M.Ha-
WARD W. ELPHINSTONE, Journal XVL p. 318; ihr hat sich das
Reichsgericht in einem Urteil des I. Civilsenats vom 9. Juni 1883
(Entsch. des Reichsgerichts in Civilsachen IX S. 397) angeschlossen.
° Eine gegenteilige Ansicht wird eigentlich nur im Herrschafts-
gebiete des Code Napoleon, in Frankreich selbst und in Belgien,
vertreten. Die Jurisprudenz hat dort stets die Bestimmung des
Art. 48 des genannten Gesetzbuches, welche den französischen