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rechtfertigen geeignet sind. Wenn die Motive die rechtliche
Wirksamkeit der zwischen Belgiern und Ausländerinnen ab-
geschlossenen Ehen als auf Belgien beschränkt bezeichnen, weil
die belgischen Gesetze nicht in der Lage sind, ausserhalb des
Staatsgebietes ohne Mitwirkung der fremden Staatsgewalt öffent-
liche Behörden zu errichten mit Gerichtsbarkeit über Personen,
welche nicht die belgische Staatsangehörigkeit besitzen, so wird
man daraus entnehmen müssen, dass sie die Ausübung einer Ge-
richtsbarkeit über belgische Staatsangehörige seitens Vertreter
des belgischen Staates im Auslande auch ohne Mitwirkung der
fremden Staatsgewalt für rechtlich zulässig erachten.
Dies ist denn auch die in der französischen Jurisprudenz
herrschende Ansicht. Sie wird zu rechtfertigen gesucht durch
den Hinweis auf das Rechtsinstitut der Exterritorialität: kraft
einer gesetzlichen Fiktion sei das Gebiet, auf welchem der Ver-
treter eines fremden Staates thätig wird, als Teil des Staats-
gebietes des von ihm vertretenen Staates anzusehen. Diese Fiktion
sei aber nur mit Bezug auf Rechtshandlungen der Landes-
angehörigen des diplomatischen Agenten oder Konsuls begründet.
In der Litteratur hat die Ansicht der französisch-belgischen
Jurisprudenz verhältnismässig wenig Anhänger gefunden, mehr
noch unter den Lehrern des Völkerrechts, während die Lehrer
des internationalen Privatrechts dieselbe fast ausschliesslich als
irrig bekämpft haben.
Besonders zutrefiend giebt A. VERGER (Des mariages
contract6es en pays 6trangers d’aprös les principes du droit
international et du droit civil, 2. &dit.) die Ansicht der französisch-
belgischen Jurisprudenz wieder. Er verweist zunächst (p. 43)
2 Aus denselben Erwägungen scheint die französisch-belgische Juris-
prudenz auch die in kirchlicher Form in Gesandtschaftsgebäuden von An-
gehörigen des von dem Gesandten vertretenen Staates abgeschlossenen Ehen
für allgemein giltig zu erachten. Vgl. Urteil des Tribunal de la Seine vom
2. Juli 1872, Journal I p. 71.