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erklärt. Die eigentlich dispositive Bestimmung des Trienter Kon-
zils über die Form der Eheschliessung, der Satz, dass die Ehe
giltig nur vor dem zuständigen Pfarrer und zwei Zeugen ab-
geschlossen werden kann, wurde aber stets dahin ausgelegt, dass
zur Giltigkeit der Ehe die Konsenserklärung der Brautleute in
Gegenwart des Pfarrers und der zwei Zeugen genüge, dass von
dem Pfarrer nur die Wahrnehmung dieser Erklärung gefordert
wird, und sein Ausspruch, dass er die vor ihm Erschienenen im
Namen des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes zur Ehe
verbinde, rechtlich vollkommen bedeutungslos sei. Die Juris-
prudenz hat es indessen bisher überall abgelehnt, der Mitwirkung
des Standesbeamten beim Abschluss einer Ehe dieselbe Bedeu-
tung beizulegen, welche der Mitwirkung des Pfarrers nach kanoni-
schem Rechte zukam.
Der Staat hat mit seiner Üivilstandsgesetzgebung überall
nicht sowohl an die bestehende Rechtsentwicklung angeknüpft,
als vielmehr die äusseren Vorgänge, wie sie sich thatsächlich,
wenn auch nicht in rechtlich notwendiger Weise bei der Ehe-
schliessung nach kanonischem Rechte abspielten, nachgebildet,
ihre rechtliche Bedeutung aber vollkommen unabhängig von dem
kanonischen Rechte bestimmt: er setzte sich bei Einführung der
Civilehe zu sehr in Gegensatz zur Kirche, als dass ein innerer
Zusammenhang zwischen der kirchlichen und der staatlichen Ge-
setzgebung anzunehmen wäre, der es gerechtfertigt erscheinen
liesse, denselben Worten hier wie dort dieselbe Auslegung zu
geben. Wenn die staatliche Gesetzgebung -zunächst den Satz
aufstellt: Die Ehe kann giltig nur vor dem Standesbeamten ge-
schlossen werden, so ist dessen Hauptbedeutung in der Fest-
stellung des Gegensatzes gegenüber dem bisherigen System der
kirchlichen Eheschliessung zu suchen; es lag der staatlichen Ge-
setzgebung ferne, damit zum Ausdruck zu bringen, dass die
passive Gegenwart des Standesbeamten bei der Eheschliessungs-
erklärung der Verlobten zur Giltigkeit der Ehe erforderlich und