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Willen, ein Recht zum Entstehen zu bringen, jedesmal, wenn be-
stimmte T'hatsachen zusammentreffen; oder aber der Staat be-
hält sich seine Willenserklärung für jeden einzelnen Fall vor
und betraut seine Beamten mit der Vornahme derselben: der
Ausspruch des Beamten, der ein Rechtsverhältnis zur Ent-
stehung bringt, ist gleichsam eine lex specialis und als solche
ebenso ein Akt der Staatsgewalt, der Souveränität, wie jeder
Akt der Gesetzgebung.
Nach allgemein anerkannten Grundsätzen des Völkerrechts
steht nun die Ausübung staatlicher Hoheitsrechte im Gebiete
eines fremden Staates im Widerspruch mit der Souveränität
dieses Staates; sie ist daher auch nicht geeignet, innerhalb der
Machtsphäre dieses Staates eine rechtliche Wirkung zu erzeugen,
während hinwieder dritte Staaten ihre Achtung vor der terri-
torialen Souveränität dadurch zum Ausdruck bringen, dass auch
sie den Akten einer Staatsgewalt innerhalb des Gebietes eines
fremden Staates die Rechtswirksamkeit versagen.
Die im vorstehenden vertretene Annahme, dass die Ehe-
schliessung erst perfekt werde durch den Ausspruch des Standes-
beamten, ist auch für das deutsche Recht angesichts der Be-
stimmung des 8 52 des Reichsgesetzes vom 6. Febr. 1875
über die Beurkundung des Personenstandes und die Ehe-
schliessung gerechtfertigt und wird auch in der Praxis wie in
der Litteratur allgemein als die einzig richtige vertreten.
Das Bürgerliche Gesetzbuch bringt nun in dieser Beziehung
allerdings eine Aenderung.
Der 8 1248 des Entwurfs erster Lesung eines Bürgerlichen
Gesetzbuches für das deutsche Reich und in Uebereinstimmung
hiemit der $ 1300 des Entwurfs in der Fassung der dem Reichs-
tage gemachten Vorlage erforderte zur Eheschliessung, „dass die
Verlobten vor dem Standesbeamten persönlich und bei gleich-
zeitiger Anwesenheit erklären, die Ehe mit einander eingehen zu
wollen, und dass hierauf der Standesbeamte die Ehe für ge-