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Der Inhalt des „Rechts der Exterritorialität“ ist überdies selbst
in jedem einzelnen dieser Fälle nicht in allen Staaten derselbe,
da neben den allgemein im Völkerrechtsverkehr anerkannten
Grundsätzen für den Verkehr einzelner Staaten unter einander
die gewohnheitsmässige Uebung, Verträge und selbst die posi-
tire Gesetzgebung als Rechtsquellen inbetracht zu ziehen sind.
Die Ausschliesslichkeit der Staatsgewalt äussert sich posi-
tiv, indem sie alle innerhalb ihres räumlichen Herrschaftsgebiets
befindlichen Personen ergreift, und negativ, indem sie jede Be-
thätigung einer fremden Staatsgewalt innerhalb dieses Gebiets
unmöglich macht, bezw. ihrer Bethätigung jede rechtliche Be-
deutung benimmt. Dem entspricht eine negative und eine posi-
tive Seite der Exterritorialität. Entweder sind gewisse Personen
nach bestimmten Richtungen hin dem Eingreifen der territorialen
Souveränität entzogen, oder diese muss Aeusserungen einer
fremden Souveränität innerhalb ihres räumlichen Herrschafts-
gebiets dulden.
Durch das Bestehen eines Ausnahmeverhältnisses in diesem
letzteren positiven Sinne ist die allgemeine Giltigkeit der vor
diplomatischen Agenten und Konsuln abgeschlossenen Ehen be-
dingt, sofern die Thätigkeit des Standesbeamten beim Abschluss
einer Ehe nach dem massgebenden Rechte als ein Akt der
Staatsgewalt anzusehen ist; als solche kann sie mit allgemeiner
Rechtswirksamkeit nur da ausgeübt werden, wo die Ausschliess-
lichkeit der territorialen Souveränität in dem angegebenen Sinne
durchbrochen ist. Nach den Grundsätzen. des haufigen Wölker-
rechts besteht nun &äin Recht der Exterritorialität nach dieser
Richtung in ‘den christlichen Staaten nicht, bezw. nur auf grund
besonderer Verträge oder auch eines rechtsbegründenden Her-
kommens. So wird z. B., wie bereits erwähnt, den fremden
diplomatischen Agenten und Konsuln, welche in Frankreich und
Belgien beglaubigt sind, das Recht zur Eheschliessung, sofern
sie nur von dem von ihnen vertretenen Staate hiezu gehörig er-