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Entwickelung des internationalen Rechts, besonders im Örient
und in denjenigen Gebieten, in denen das Prinzip religiöser
Parität noch nicht allgemein anerkannt ist. LiEHR befürwortete
die Anerkennung der diplomatischen Agenten und Konsuln als
Standesbeamter auch bezüglich solcher Eheschliessungen, bei
welchen nur die Ehefrau dem von ihnen vertretenen Staate an-
gehört, mit der von PIERANTONI vorgeschlagenen Ausnahme be-
züglich der Angehörigen des Staates, bei welchem der diplo-
matische Agent oder Konsul beglaubigt ist, und mit der
Beschränkung auf solche Staaten, in welchen Ausländer ihres
religiösen Bekenntnisses wegen an dem Abschluss einer Ehe nach
Massgabe der Landesgesetze verhindert sind, und auf die An-
gehörigen jener Staaten, deren Gesetzgebung eine Eheschliessung
in bürgerlicher Form zulässt. In demselben Sinn trat FERAUD-
GıIRAUD für die Zulassung der diplomatischen Agenten und
Konsuln als Standesbeamter ein, aber nur in Ländern, in welchen
keine Civilehe besteht.
"Die Bestimmung des Art. 8 des Reglemententwurfs über
die diplomatischen Freiheiten, der auf der Session des Instituts
zu Cambridge im Jahre 1895 zur Annahme gelangt war (s. oben
S. 498), betrifft den Abschluss von Rechtsgeschäften und zwar
zunächst solcher, welche ein Gesandter oder sein Vertreter per-
sönlich vornehmen, in zweiter Linie solcher Rechtsgeschäfte der
Landesangehörigen des Gesandten, bei welchen dieser „in amt-
licher Eigenschaft und gemäss seines nationalen Gesetzes“ inter-
veniert, im Schlusssatze des zweiten Absatzes endlich jener Rechts-
geschäfte, welche im Gesandtschaftshotel, aber ohne Mitwirkung
des Gesandten oder seines Vertreters abgeschlossen werden.
Die Vornahme einer Eheschliessung seitens eines Gesandten
wird als Mitwirkung desselben beim Abschlusse eines Rechts-
geschäfts von Seiten seiner Landesangehörigen von den in Art. 8
niedergelegten diesbezüglichen Bestimmungen beherrscht. Im
Vergleich hiezu ist allerdings die Zuständigkeit der diplomatischen