Full text: Archiv für öffentliches Recht.Dreizehnter Band. (13)

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Indessen, was das preuss. Partikulargesetz durchgesetzt 
hatte, konnte durchaus nicht als ausreichend erscheinen. Es 
war zwar damit die äussere Heilighaltung der Sonn- und Feier- 
tage, insbesondere das Verbot lärmender Störung des Gottes- 
dienstes durchgesetzt, aber der Kern und Grundgedanke des 
ganzen Instituts: der arbeitsfreie Tag war vollkommen ver- 
kannt und unberücksichtigt. Einen Beweis hierfür giebt uns die 
Bewegung unter den Handlungsgehilfen, welche gegen Ende der 
sechziger Jahre einen Versuch der Abschaffung der Sonntags- 
arbeit machten. Die Bewegung ergriff immer weitere Kreise, 
bis sich im Jahre 1883 in Berlin die „freie Organisation junger 
Kaufleute“ bildete, welche seitdem mit wechselndem Erfolge für 
die Sonntagsruhe im Handelsgewerbe lebhaft Propaganda machte‘. 
Zugleich — 1881/82 — wurde auch der erste einzielende 
Antrag im Reichstage eingebracht, jedoch ohne Erfolg®. Seit- 
dem wiederholten sich in jeder Session des Reichstages die An- 
träge auf Erweiterung des Arbeiterschutzsystemes, bis am 
7. März 1888 aus der Initiative des Reichstages zwei unsere Frage 
betreffende Gesetzentwürfe hervorgingen, von denen der eine das 
Verbot der Sonntagsarbeit enthielt. — Indessen versagte der 
Bundesrath beiden Gesetzentwürfen seine Genehmigung, hauptsäch- 
lich auf Betreiben des Fürsten Bismarck®’. Nach dessen Aus- 
scheiden aus der obersten Leitung des Reiches trat ein Wende- 
punkt ein, herbeigeführt durch kaiserliche Initiative. 
Durch Erlass vom 4. Februar 1890 wurde der preuss. 
Handelsminister ermächtigt und angewiesen, eine Aufforderung 
zu gutachtlichen Mitteilungen zu erlassen. Im Anschluss an diese 
4 ApLer, Geschichtliche Entwickelung in Hırrr's Annalen 1891, S. 52ff. 
5 Ein allererster Versuch einheitlicher Regelung für Deutschland ist 
enthalten in der Gewerbeordnung des Nordd. Bundes vom 21. Juni 1869. 
6 AnLER a.a.O. S. 54. 
7 TII. Lesung des Antrages Lieber u. Gen. Reichsanzeiger 1888 No. 63. 
Rede des Abgeordneten Bebel,
	        
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