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polizeiliche — mit Strafe zu belegen. Auf den Inhalt dieser
Anordnungen ist zu schliessen aus dem Worte „Feier“: wir er-
sehen daraus, dass der Zweck dieser Bestimmung im wesent-
lichen immer noch der alte ist, nämlich die äusserliche Heilig-
haltung des Sonntags!!. In dem Urteil des Kammergerichts vom
9. Nov. 18931? wird auch ausdrücklich darauf hingewiesen,
dass & 366 No. 1 St.-G.-B. und die einschlägigen, landes-
gesetzlichen Anordnungen !? „als Vorschriften über die äussere
Heilighaltung der Sonntage durch die Bestimmungen der
Gewerbeordnung über die Sonntagsruhe im Handelsgewerbe, welche
einen ganz anderen Zweck verfolgen, nicht berührt werden“.
Auf einem wesentlich verschiedenen Standpunkte steht das
Reichsgesetz vom 1. Juni 1891. Bezeichnend und für die Inter-
pretation äusserst wichtig ist schon dessen Name: „Arbeiter-
schutzgesetz“, welcher dieser Novelle zur Reichsgewerbeordnung
gewöhnlich beigelegt wird.
Durch langjähriges Ringen nach Erleichterung ihrer Lage
haben es die arbeitenden Klassen endlich dahin gebracht, dass
ihnen wöchentlich ein Ruhetag vom Gesetz gewährleistet wurde,
wenn auch dieser Ruhetag noch mannigfach modifiziert werden
musste durch Ausnahmen, wie sie das Interesse und die täglichen
Bedürfnisse des Publikums, sowie die Eigenart verschiedener Ge-
werbe als gerechtfertigt und unumgänglich haben erscheinen lassen.
Die für die Sonntagsruhe im Handelsgewerbe einschlägigen
Paragraphen der Gewerbeordnung!* verordnen, dass „soweit
1! Diesen Standpunkt vertritt auch das Reichsgericht, Entsch. in Strafs.
Bd. XX S. 8iff., insbesondere S. 90, 91, indem es das sächs. Gesetz vom
10. Okt. 1870 als eine Anordnung im Sinne des $& 366 im Strafgesetzbuch
auffasst. Dort wird ausdrücklich auf die äusserliche Heilighaltung der Sonn-
und Feiertage hingewiesen.
12 Abgedruckt in GoLTvAMmMER's Archiv Bd. 41 S. 296,
18 2. B. preuss. Verordnung vom 20. Nov. 1844; 24. Nov. 1853 und das
oben zitierte sächs. Gesetz vom 10. Sept. 1870.
14 R.-G.-O. 88 4la, 10ba—i.