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Gebiet der Strasse hinein, welche einem Privatgrundstücke gegen-
über unerlaubt wären. Die Anlieger haben also Vortheile aus
dem Bestande der Strasse, die Andere nicht daraus ziehen, weil
ihnen die thatsächlichen Voraussetzungen fehlen. Das Recht ist
überall kein anderes als das des Gemeingebrauches.
Das Oberverwaltungsgericht (Bd. XVIII S. 239) hält den
Anschluss von Besitzungen an die Wege für einen Theil des
freien Gebrauchs und meint in seiner Entsch. vom 14. Juli 1893,
Bd. XX VS. 237, dass das öffentliche polizeiliche Interesse den
Anbau an städtischen Strassen fordere. Das Verhältniss der
Anlieger ist demgemäss auch ein öffentlich-rechtliches. (Und dabei
erörtert man im Ernst die Frage, ob nicht das Anliegerrecht in
das Grundbuch eingetragen werden müsse!) Das Reichs-
gericht theilte diese Auffassung in zwei das gemeine Recht be-
treffenden Entscheidungen. (Bd. IS. 158 und Bd. VI 8. 162.)
Es spricht von dem Schutz des Sonderinteresses, welches der
Einzelne an dem Gebrauche eines öffentlichen Weges wegen der
Lage seines Grundstücks habe und nur im Rechte des Gemein-
gebrauches beruhe. Es erklärt, dass das Jedermann zustehende
Recht, obgleich es publizistischer (d. h. öffentlich-rechtlicher) Her-
kunft, auch privatrechtlich durch ein auf Schadensersatz ge-
richtetes Klagerecht geschützt sei.
Hieran ist nur auszusetzen, dass es den Gremeingebrauch ein
„Recht“ nennt. Der Vortheil entspringt aber nicht subjektivem
Rechte, sondern, wie das Landrecht sich ausdrückt, „allge-
meinem, natürlichem Rechte“ (8 83 Einl.), das nämlich von dem
objektiven Rechte anerkannt wird.
Der verbreiteten Anschauung nämlich, man könne sich auch
hier des Ausdruckes „Recht“ bedienen, tritt MÜLLER (8. 68f.,
152f.) entgegen: „Besiegt wird das Allgemeine Landrecht durch
die wissenschaftliche Erkenntniss, dass der Gattungsbegriff, unter
welchen sowohl das Lieben, die Gesundheit, die Freiheit und die
Ehre als auch die subjektiven Rechte fallen, der Begriff „Gut“