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wird hier vielmehr ein Opfer, eine unmittelbare Werthentziehung
vorausgesetzt.“ — Dies hat das Reichsgericht in der Entsch. bei
GRUcHOT Bd. XXIX S. 680 übersehen: es spricht schlechthin
von „Entziehung jeden Vortheils“, während 8 75 Allg. L.-R.
Ein]. nur von der „Aufopferung“ handelt. Unseres Erachtens
ist die Befürchtung nicht zu theilen, dass die Beurtheilung, wann
ein Opfer vorliege oder nicht, zu Willkür des Richters verleiten
werde. Vielfach sind allerdings die Grenzen flüssige. Ilavıa pei,
sagt schon Heraklit. T'hatsächlich bilden wohl die Fälle der
Schädigung über das gemeine Mass hinaus in den Prozessen die
Regel. Uebrigens wird der Ausnahmecharakter dadurch noch!
nicht aufgehoben, dass sich die Anlieger eines ganzen Strassen-
zuges der gleichen Beschränkung unterwerfen müssen. O. MAYER!
lehrt über den Begriff „Aufopferung“ weiter Folgendes: „Der
Nachtheil muss sich als „besonderes Opfer“ darstellen (richtiger:
Opfer von etwas „Besonderem“, nämlich individuellem Vortheile).
Damit sind ausgeschlossen alle allgemeinen Abgaben, alle öffent-
lichen Dienstpflichten, nach Massgabe der Leistungspflichtigkeit
planmässig auferlegt, alle Gebühren u. s. f. und Polizeismassregeln.‘“
MAYER setzt hinzu „jeder“ Art. Das ist aber irrthümlich. Es
muss heissen gemeingiltiger Natur. Auch AnscHÜürz (8.29) rügt
dies, Nun kann aber Niemand behaupten, dass heutzutage
eine einschneidende Höher- und Tieferlegung von Strassen die
Regel seit; sondern Jedermann ist berechtigt, anzunehmen, dass
das Strassenniveau im Wesentlichen das gleiche bleibe. Wird
Jemand also abnorm, ausnahmsweise in seinen Adjacenzvortheilen
geschädigt, so opfert er Anderen gegenüber etwas Individuelles
auf. „Nachtheile“, fährt MAYER fort, „die zugefügt werden, ohne
ein Gut unmittelbar zu entziehen, machen den Rechtssatz über
öffentlich-rechtliche Entschädigung nicht anwendbar. Nicht
selten suchen Gewerbtreibende, deren Geschäft durch Strassen-
* So auch ScHULTZENSTEIN a. a. O. S. 793.