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letzung nach unterscheidbar — nur dann erfolgen solle, wenn das
Gesetz dies im Besonderen anordne, wenn Entschädigung gewährt,
ja wenn diese vorläufig schon festgestellt werde. Der Staat zeigt
sich also als ausserordentlich billig und feinfühlend. Er erkennt
damit an, dass eine rechtmässige Handhabung der Staatsgewalt
dennoch unter Umständen als nicht dem Gerechtigkeitsgefühle ent-
sprechend angesehen werden könne und müsse. Diese Umstände
werden naturgemäss nur abnorme, nicht alltägliche sein können,
Fälle, welche wir heute Aufopferungsfälle, besondere Opfer, Aus-
nahmen, ungleichartige Belastungen gegenüber Anderen, Ab-
weichungen von dem Gemeingültigen, Alle umfassenden nennen.
Von Eingriffen der Gesetzgebung selbst ist daher hier abzusehen.
Wie AnscHÜTz in seinen eingehenden Studien mittheilt, ent-
wickelte sich denn auch schon früher in Theorie und Praxis die
Anschauung, dass dem Betroffenen ein Ersatzanspruch zustehen
solle bei Eingriffen durch Ausübung der Staatsgewalt, vermöge
deren ein Staatsbürger zu einem verhältnissmässig grösseren Opfer
als seine Mitbürger genöthigt worden sei. Durch das Individual-
gebot erscheine der Betroffene unverhältnissmässig belastet; wenn
er zu einer besonderen Aufopferung gezwungen werde, so solle
ihm Vergütung zu Theil werden.
Wir sehen, dass die heutigen Anschauungen im Landrechts-
gebiete mit dieser sich decken. Nur ist darauf aufmerksam zu
machen, dass das „Besondere“ schon im Begriffe des „Opfers“,
der nicht alltäglichen, ausnahmsweis erfolgenden Hingabe liegt,
dass also nicht etwas „Besonderes von Ausnahmecharakter,
sondern nur etwas Individuelles, individuell durch Thatsachen Ge-
wordenes hingeopfert, d. h. ausnahmsweis hingegeben zu werden
braucht. (Im Landrechte bedeutet „besonderes“ Recht subjektives
Recht.)
Dass mit diesen auch in der Praxis anerkannten Theorieen
kein Rechtssatz, der einen Rechtsanspruch hätte erzeugen können,
geschaffen werden konnte, sofern nicht durch konstante Recht-